Die mittel- und langfristigen Folgen der Coronavirus-Pandemie sind für den Fußball aktuell noch nicht vorhersehbar. Es zeichnet sich allerdings klar ab, dass weltweit deutlich weniger finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stehen werden als vor der Krise. Transfermarkt reagiert auf die Ausnahmesituation mit einem bisher einmaligen Schritt und unterzieht die Marktwerte bereits jetzt einer pauschalen Abwertung von 20 Prozent – Spieler, die 1998 und später geboren wurden, werden um 10 Prozent herabgestuft. In der Summe bedeutet das ein weltweites Marktwert-Minus von 9,22 Milliarden Euro.
Der Marktwert des wertvollsten Spielers in der Bundesliga, Jadon Sancho (20), sinkt dadurch zum Beispiel von 130 Millionen auf 117 Millionen Euro, während der 31-jährige Robert Lewandowski von 70 Mio. auf 56 Mio. Euro zurückgestuft wird (weitere Infos zu den Konsequenzen für die Bundesligisten). Dadurch ergeben sich auch Verschiebungen im Ranking der weltweit wertvollsten Spieler. BVB-Star Sancho steht mit seinem neuen Marktwert nun auf dem 8. Platz und damit vor Lionel Messi (32), der von 140 Mio. auf 112 Mio. Euro fällt.
„Die Börsenkurse sind eingebrochen, zahlreichen Vereinen könnte eine Insolvenz drohen und die Transferplanungen sind aufgrund der vielen Unsicherheiten bei den meisten Klubs zum Erliegen gekommen. Es ist aktuell kaum vorstellbar, dass in absehbarer Zeit die Transferpreise weiter so ansteigen wie in den vergangenen Jahren“, erklärt Transfermarkt-Gründer Matthias Seidel. „Zwar dürfte es auch weiterhin Ausreißer nach oben geben, eine jetzige Reaktion auf die Situation ist aus unserer Sicht dennoch nötig.“
Transfermarkt-User und Branchenvertreter glauben an starken Rückgang
Die Transfermarkt-Marktwerte entstehen unter Berücksichtigung verschiedener Preisfindungsmodelle sowie einem starken Einbezug der Transfermarkt-Community, die sich in detaillierten Diskussionen mit den Werten auseinandersetzt. Diese Faktoren werden auch in der Zukunft weiterhin in der bisherigen Form berücksichtigt, sodass bei künftigen Updates jeder Marktwert individuell bewertet wird.
„Eine individualisierte Bewertung der Marktwerte im Rahmen regulärer Updates und mit Hilfe unserer Marktwert-Admins ist weiter nötig und wird auch wieder stattfinden, sobald dies möglich erscheint. Denn nicht bei jedem Spieler dürfte der Wertverlust durch die Krise gleich groß sein“, so Seidel weiter. „Der jetzige pauschale Marktwert-Cut ist eine Reaktion auf die außergewöhnliche Gesamtlage, angesichts der man auch nicht ausschließen kann, dass in einigen Wochen noch ein weiterer erfolgen muss.“
Transfermarkt hat im Vorfeld sowohl in der Community als auch in der Fußballbranche Stimmen zu den Auswirkungen der Coronakrise gesammelt. Bei einer in der Marktwertanalyse durchgeführten Umfrage gaben mehr als 70 Prozent an, mit einem Rückgang der Marktwerte als Konsequenz zu rechnen. Knapp die Hälfte der Teilnehmer verortet diesen bei 20 bis 30 Prozent.
An einer von Transfermarkt durchgeführten Umfrage mit mehr als 300 Vertretern der Fußballbranche aus über 50 Ländern teilten darüber hinaus mehr als 70 Prozent mit, dass starke Auswirkungen auf das Transfergeschehen zu erwarten sind. Rund 25 Prozent der Befragten rechnen mit weniger starken, aber dennoch spürbaren Konsequenzen.
+++ Hier geht es zu den Marktwertänderungen in der Süper Lig +++
Unterschiedliche Meinungen existieren zur Frage, wie hoch der Einbruch der Marktwerte ausfällt (siehe Screenshot). Eine klare Mehrheit der Teilnehmer verortet diesen aber bei mehr als 10 Prozent. Etwas weniger als ein Drittel der Teilnehmer (30,9 Prozent) erwartet einen Rückgang um 15 bis 20 Prozent, 31,8 Prozent gehen sogar jetzt schon von einem Marktwertverlust von mehr als 20 Prozent aus.
„Für junge Talente und internationale Top-Spieler dürften auch weiterhin relativ hohe Preise erzielbar sein. Diese Annahme wurde in unserer Umfrage bestätigt“, sagt Seidel. „Deshalb haben wir uns entschlossen, eine Unterscheidung zwischen 1998 sowie später geborenen Spielern und allen anderen vorzunehmen. Eine allgemein gültige Definition von Top-Spielern ist dagegen schwieriger, vor allem in Bezug auf ihr Standing auf dem Transfermarkt. Für einige wird es sicherlich noch einen größeren Markt geben als für andere. Um dies detailliert in die Marktwertfindung einfließen zu lassen, sind allerdings klare Signale aus dem veränderten Markt nötig, die aufgrund der zumeist gestoppten Transferaktivitäten aktuell nicht da sind.“
Des Weiteren wurden bei der pauschalen Abwertung im unteren Bereich einige Werte auf- bzw. abgerundet, um krumme Zahlen zu vermeiden. Dadurch liegt die Abwertung nicht bei allen Spielern bei exakt 20 bzw. 10 Prozent. Zudem wurden vorerst alle Marktwerte bis zu 300.000 Euro nicht angepasst. Vor allem in kleineren Ligen hätte dies zu einer Gleichsetzung zahlreicher Spieler geführt, da die Abstufungen hier deutlich kleinteiliger ausfallen. Eine Neubewertung dieser Marktwerte wird zu einem geeigneten Zeitpunkt ebenfalls individuell stattfinden.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst auf www.transfermarkt.de
Autor: Christian Schwarz