Senol Günes führte die Türkei in das Halbfinale der WM 2002 in Japan/ Südkorea und konnte nur durch Turniersieger Brasilien mit einem knappen 1:0-Sieg gestoppt werden. Ein Turnier später jedoch musste der Trainer vom Schwarzen Meer – zu seiner aktiven Zeit Torwart bei Trabzonspor – seinen Stuhl wieder räumen. Die Türkei konnte sich im entscheidenden Playoff-Spiel zur EM 2004 gegen Lettland nicht durchsetzen, verspielte eine 2:0-Führung und schied aus.
Günes ist jetzt in seiner zweiten Amtszeit als Cheftrainer des türkischen Verbandes wieder gefordert. Er hatte zuletzt viel Lob und Anerkennung geerntet, nachdem er die neue Generation im Kader von seinem Vorgänger Mircea Lucescu übernommen hat. Der glücklose Rumäne hatte eine Verjüngungskur verordnet und zunehmend Legionäre aus Europa für die rot-weiße „Milli Takim“ einberufen. Der Feinschliff wurde aber erst mit Senol Günes bewerkstelligt. Auch er setzte weiter auf die jungen Legionäre von den europäischen Spitzenligen. Die „Türkische Mauer“ als Juwelenstück der Defensive mit den beiden Hauptakteuren Caglar Söyüncü (Leicester City) und Merih Demiral (Juventus Turin) stand aber erst mit der Viererkette von Senol Günes. Fortan war es schwierig gegen die Türkei zu scoren. Es gab nur drei Gegentore in der EM-Qualifikation. Der neue Mannschaftsgeist trumpfte auch gegen Weltmeister Frankreich (2:1 und 1:1) auf: Die „Nationalen“ im Halbmond-und-Stern-Dress qualifizierten sich wohlverdient als Gruppenzweiter für die EM-Endrunde 2021.
Die Vorschusslorbeeren für den erfolgreichsten Nationaltrainer der türkischen Fußballgeschichte sind jetzt jedoch aufgebraucht. Zuletzt gab es in acht Spielen nur einen Sieg gegen Russland in der UEFA Nations League. Die Türkei stieg nach einer Niederlage gegen Ungarn im letzten Spiel gar in die Liga C ab, obwohl ein Sieg den Aufstieg in die Liga A bedeutet hätte. Im Frühjahr 2021, noch vor der verschobenen Europameisterschaft 2020 – gibt es die Qualifikationsspiele zur WM 2022 in Katar. Die Türkei muss sich in einer starken Gruppe gegen Holland, Norwegen, Lettland, Montenegro und Gibraltar behaupten. Zeit für Experimente in Testspielen bleiben dabei keine mehr. Senol Günes hat schon bei seinem Amtsantritt im Juni 2019 seine eigentliche Marschroute bekanntgegeben: Die Türkei muss sich unbedingt wieder für eine WM qualifizieren. Und sollte ihm dies glücken, weiß Günes allzu gut, dass in der heißen Winter-Sonne von Katar die Trauben sehr hoch hängen, sofern es überhaupt welche gibt. Dabei kann er sich persönlich nur steigern, wenn er die Türkei in das WM-Finale hievt. Für die Bronzemedaille stieg er bekanntlich schon bei der WM 2002 auf das Treppchen.
Autor: Abbas Yurtsever
2 Kommentare
Der 1. Platz ist möglich, sofern man gegen die oben genannte, „vermeintlich leichte Gegner“, absolut keine Punkte liegen lässt. In NL nicht verlieren und den Rest der Spiele gewinnen.
Die Gruppe ist wirklich nicht leicht. Die Niederlande wird wohl 1. und wir und Norwegen werden uns wohl um den 2. Platz streiten. Wir dürfen uns auf keinen Fall Patzer gegen Lettland, Montenegro oder Gibralter leisten. Hier erwarte ich die volle Ausbeute, ansonsten wird es sehr schwierig für uns. Ich bin jedoch positiv gestimmt.