Im Gespräch mit der deutschen Sportzeitschrift „kicker“ hat sich Nationaltrainer Stefan Kuntz zu seinem Engagement in der Türkei geäußert. Auf die Frage, ob die Arbeit bei der türkischen Nationalmannschaft eine besondere Herausforderung im Vergleich zur Tätigkeit bei der deutschen U21 bedeute, antwortete der 58-Jährige: „Das kann man schwer vergleichen. Die Herausforderungen, nach langer Trainerpause, die U21 zu übernehmen oder den FCK aus einer aussichtslosen Situation in der 2. Liga noch mal zurück in die Bundesliga zu führen, waren auch nicht ohne.“ Seine Beweggründe, weiterhin als Nationaltrainer zu arbeiten und dem Vereinsfußball weiter fern zu bleiben, schilderte Kuntz hingegen mit den Worten: „Bei der U21 habe ich gemerkt, dass Turniere enorm viel von dem enthalten, was mich an dem Trainerjob reizt. Es geht darum, in recht kurzer Zeit ein Puzzle aus vielen Einzelteilen so zusammenzusetzen, damit es ein Bild ergibt, das im Bestfall stimmig ist und funktioniert.“
Über Kocak: „Habe keinen reinen Übersetzer gebraucht“
Mit Antonio Di Salvo und Daniel Niedzkowski arbeitet der ehemalige Besiktas-Profi in Zukunft nicht mehr zusammen. Stattdessen heißen die neuen Assistenten von Kuntz unter anderem Kenan Kocak und Jan-Moritz Lichte. Kuntz erklärt, dass man sich in all den Jahren gemeinsamer Arbeit durchaus schon mit einer Trennung befasste. „Die Arbeit im U21-Trainerteam war extrem erfolgreich und wir haben uns immer mal wieder darüber unterhalten, was wohl passieren würde, wenn ein Angebot von einem Verein oder Verband kommt. Ich musste jetzt andere Einzelinteressen akzeptieren. Daniel sieht im Leiten und Ausbilden der deutschen Fußballlehrer, seiner Hauptaufgabe beim DFB parallel zur U21, eine extreme Erfüllung. Da möchte er natürlich sehen, wie das funktioniert und den Umsetzungsprozess begleiten. Genauso nachvollziehbar war es, dass Toni in sich drin das Gefühl hatte, ich möchte jetzt mal Cheftrainer werden. Durch die zwischen uns seit Jahren gelebte Offenheit wusste ich, dass sich die Wege mal trennen könnten und habe relativ früh die Fühler ausgestreckt.“
Zur künftigen Zusammenarbeit mit Kenan Kocak sagte Kuntz: „Ich brauchte einen türkisch sprechenden Assistenten, aber keinen reinen Übersetzer meiner Vorgaben, sondern einen Trainer auf dem Platz, der schon selbst was erlebt hat und in einzelnen Phasen von Training oder Spiel seine Inhalte eigenständig rüberbringen kann. Zufälligerweise war Kenan damals mein Spieler bei Waldhof Mannheim und ich habe ihm zum ersten Zweitligaeinsatz verholfen.“
„Aufgabenfelder früh verteilt“
Jan-Moritz Lichte sei hingegen eine Art Empfehlung von Daniel Niedzkowski gewesen. „Die Lösung mit Jan-Moritz hat sich durch viele Gespräche entwickelt, auch mit Daniel. Als Leiter des Fußballlehrer-Lehrgangs kennt er logischerweise sehr viele Trainer und er ist auch mit Jan-Moritz befreundet. Dadurch konnte er mir noch mehr Informationen über ihn geben und gut einschätzen, ob das mit uns beiden passen könnte. Dann habe ich mich mit beiden getroffen, mal einzeln, mal zusammen, mal nur die beiden – ohne dass wir uns gegenseitig komplett vorab durchleuchtet haben.“ Kuntz weiter: „Wichtig war mir, dass beide schon hauptverantwortlich vor einer Mannschaft gestanden haben, weil ich aus der U21 ein Arbeiten auf Augenhöhe gewohnt bin, wo sich jeder einbringt. Es ist erstmal gut, dass sie unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Stärken sind. Kenan ist in der Türkei geboren, auch wenn er mit einem Jahr nach Deutschland gekommen ist, kennt er die Kultur, hilft unter anderem bei Gesprächen und mit seinem Netzwerk. Jan-Moritz kennt beide Perspektiven sehr gut, die des Co- und die des Cheftrainers. Die Aufgabenfelder haben wir für die ersten beiden Spiele früh aufgeteilt und wir werden uns als Team Stück für Stück weiterentwickeln.“
Zum Auftakt geht es für Stefan Kuntz und sein Trainerteam am Freitag ab 20.45 Uhr in Istanbul gegen Norwegen. Das Aufgebot der türkischen Nationalmannschaft finden Sie hier.