Seit 1924 gab es keinen Sieg mehr gegen Lettland und ab der 70. Minute war die Ausgangslage alles andere als prickelnd. Ein 0:1-Rückstand und ein äußerst schwacher Kick bis zu jener Minute. Doch der Gegentreffer sollte, wie sich später herausstellte, als „Hallo-Wach-Effekt“ dienen. Serdar Dursun, der letztjährige Torschützenkönig der 2. Bundesliga, leitete die Aufholjagd der türkischen Nationalmannschaft gegen den Angstgegner ein und köpfte zu 1:1-Ausgleich. „Nach dem 1:1 haben wir angefangen auf ein Tor zu spielen. Wir haben zwei bis drei sehr gute Chancen gehabt, aber haben sie nicht verwerten können. Beim letzten Ball habe ich ihn schließlich noch zu Burak Yilmaz verlängern können und er wurde zu Fall gebracht. Ich wusste, dass es ein Elfer ist, aber der Referee wollte zunächst nicht auf den Punkt zeigen. Ich widme diesen Sieg dem türkischen Volk. So Gott will, werden wir uns für die WM qualifizieren“, so der Fenerbahce-Angreifer, dem in seinem ersten Länderspiel der Premierentreffer glückte.
Kuntz: „Bis zum Schluss nicht aufgegeben“
Die Schlussphase war an Dramatik kaum zu überbieten. Wie wichtig der Sieg war und welche Bedeutung dieser für die Türkei hat, konnte man aus dem Gesicht von Stefan Kuntz ablesen. Der „deutscheste Türke“ beziehungsweise „türkischste Deutsche“ ließ nach Abpfiff der Begegnung seinen Emotionen freien Lauf und konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. „Im Grunde sind es nur drei Punkte und wir brauchen insgesamt neun, damit wir eine Chance haben“, fing der 58-jährige Übungsleiter seine Worte an und ergänzte: „Allerdings wird dieser Sieg aufgrund des Siegtreffers in der letzten Minute zu etwas ganz Besonderem. Ich bin einfach nur unglaublich glücklich über die Reaktion meiner Spieler nach dem Gegentreffer. Es wurde ihnen nachgesagt, dass ihre Mentalität nicht ausreichend sei und sie kein Selbstvertrauen haben. Sie haben heute allen gezeigt, dass das nicht so ist. Sie haben daran geglaubt und bis zum Schluss nicht aufgegeben. Wenn man eine Partie mit einem Last-Minute-Elfer gewinnt, kann man nicht unbedingt behaupten, dass man verdient gewonnen hat. Noch gibt es viel zu verbessern, aber wir konnten in den letzten Einheiten und insbesondere heute sehen, dass wir Fortschritte machen.“
Tränen auf dem Platz und in der Kabine – Wendepunkt in der WM-Quali?
Nicht nur der deutsche Chefcoach konnte seine Tränen nicht zurückhalten, auch einige der Auswahlspieler wurden sehr emotional wie sich herausstellte: „Es war eine sehr angespannte Stimmung sowohl auf dem Spielfeld als auch in der Kabine. Viele haben geweint und wir haben uns alle umarmt. Wir sind sehr glücklich und hoffen, dass wir das fortsetzen können“, so Merih Demiral. Sein unglückliches Eigentor kommentierte der 23-jährige Atalanta-Spieler mit den Worten: „Meine Pechsträhne lässt aktuell nicht locker. Hoffentlich sehen unsere Anhänger, wie sehr ich mich in der Nationalmannschaft reinhänge. Es war ein sehr unglücklicher Moment. Zum Glück haben wir es geschafft, die Partie zu drehen.“ Ridvan Yilmaz ergänzte: „Wir haben diesen Sieg bitter nötig gehabt. Nach dem Treffer haben wir gemeinsam geweint und waren sehr emotional. Wir haben uns geschworen, dass wir bis zur letzten Sekunde nicht aufgeben werden. Hoffentlich lösen wir das WM-Ticket.“ Schließlich betitelte Torhüter Ugurcan Cakir diesen Sieg als Meilenstein in der Qualifikation: „Es war wichtig heute zurückzukommen. Das war der Wendepunkt. Wir haben alles gegeben und es war nicht leicht. Wir dürfen nicht an die Vergangenheit denken und müssen uns auf die Zukunft konzentrieren.“
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