Es hätte DIE Story des WM-Playoff-Abends sein können. Die Türkei lag bis zur 64. Minute gegen das favorisierte Portugal im Dragao-Stadion mit 0:2 zurück. Doch dann spielte die Nationalmannschaft einen herrlichen Angriff, der mit dem Schuss von Burak Yilmaz im Netz zappelte. So war die Hoffnung einer ganzen Nation, die bereits den WM-Traum ausgeträumt hatte, auf einmal wieder zurück (das Playoff-Spiel gegen Portugal zum Nachlesen).
Coach Kuntz nimmt Kapitän Yilmaz in Schutz
Und der liebe Fußballgott sollte es doch tatsächlich gut mit den Türken meinen. In der 85. Minute wurde Enes Ünal gefoult und der deutsche Schiedsrichter Daniel Siebert zeigte nach VAR-Begutachtung richtigerweise auf den Punkt. Der Kapitän trat an, um seinen und den WM-Wunsch der ganzen Türkei aufrechtzuerhalten. Doch man hatte sich zu früh gefreut. Der sonst so sichere „König“ vom Punkt, der erst vergangene Woche in der UEFA Champions League gegen den aktuellen Welttorhüter Edouard Mendy einen Elfer reinballerte, setzte den Ball augenscheinlich über die Querlatte in den portugiesischen Nachthimmel. In der Pressekonferenz nach der Partie nahm Teamchef Stefan Kuntz seinen 36-jährigen Spielführer in Schutz: „Am Ende des Spiels bildeten wir einen Kreis und kamen zusammen. Ich habe Burak gesagt: ‚Du solltest stolz sein, denn Du bist der Kapitän dieser Mannschaft.‘ Ohne Buraks Elfmeter gegen Lettland wäre diese Mannschaft nicht hier. Manchmal braucht man halt eben etwas Glück.“
Auch Teamkollegen mit Rückendeckung für Lille-Profi
Inter Mailand-Profi Hakan Calhanoglu schloss sich den Worten seines Trainers an: „Burak Yilmaz ist unserer älterer Bruder und hat die Verantwortung übernommen. Zudem ist er unser Kapitän. Ich oder ein anderer unserer Teamkollegen hätte ihn genauso verschießen können. Davor hat er gegen Lettland das Ding reingemacht und uns überhaupt erst hierher gebracht. Heute hat es leider nicht geklappt. Wir sind aber eine große Familie und müssen von nun an nach vorne blicken.“ Rückendeckung gab es auch von Shooting-Star Kerem Aktürkoglu: „Er hat für unsere Mannschaft viel getan. Wahrscheinlich hat er um die 100 Strafstöße verwandelt und nur diesen einen verschossen. Wir haben es ihm auch gesagt, dass wenn er nicht angetreten wäre, ein anderer von uns verschossen hätte. Er soll sich keinen Kopf machen. Wir entschuldigen uns beim gesamten türkischen Volk.“
Trotz reichlicher Rückendeckung: Yilmaz beendet Nationalmannschaftskarriere
Worte und Handlungen, die für Yilmaz viel bedeuteten, wie er in der PK verriet, aber nicht daran hinderten, im Anschluss seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nach knapp 16 Jahren bekannt zu geben. „Ich habe ihn nicht reingemacht und weiß auch nicht, wie ich den nicht reinmachen konnte. Ich stehe unter Schock. Ich habe ihn nicht verwandeln können. Aber so ist nun mal der Fußball. Während wir trauern, darf Portugal jubeln. Wir haben unser Land, unser Volk in Trauer versetzt. Hoffentlich können sie uns verzeihen. Als der Referee auf den Punkt zeigte, war ich der felsenfesten Überzeugung, dass es das 2:2 ist. Ich habe an nichts anderes gedacht. Keine Sekunde habe ich daran gezweifelt. So ist es natürlich eine große Enttäuschung. Aber was kann ich denn viel mehr sagen, außer mich aufrichtig zu entschuldigen? Diesen Elfmeter werde ich mein ganzes Leben lang jede Nacht aufs Neue im Traum oder kurz vor dem Einschlafen verwandeln.“
„Hat rein gar nichts mit dem Elfer zu tun“
Der 36-jährige Angreifer betonte, dass sein endgültiger Rücktritt aus der türkischen Auswahl keinen gefühlsbestimmten Hintergrund habe: „Meine Freunde und meine Coaches haben mich unterstützt und mich umarmt. Sie haben mir gesagt, dass ich sie hierher gebracht hätte, obwohl so etwas überhaupt nicht stimmt. Ich weiß, dass sie das gesagt haben, um mich aufzumuntern. Ich bedanke mich bei ihnen. Sie standen immer hinter mir und ich hoffe, dass sie mir verzeihen können. Heute war mein letztes Spiel. Es ist an der Zeit den Staffelstab, wie wir es einst von unseren Älteren erhielten, an die jüngere Generation um Ünal, Bozok, Dursun, Dervisoglu, Tosun, Karaman & Co. zu übergeben. Natürlich hätte ich es auch nicht gewollt, nach so einem traurigen Match aufzuhören. Aber das ist die richtige und endgültige Entscheidung. Es ist keineswegs eine emotionale, sondern eine rationale Entscheidung. Außerdem hat es rein gar nichts mit dem Elfmeter zu tun. Ich habe über Jahre hinweg versucht, dieses Trikot mit Stolz und Würde zu tragen. Das war’s.“
Eine kleine Hintertür ließ der 77-malige Nationalspieler, der mit 31 Treffern (acht Assists) Zweiter in der ewigen Torschützenliste der Türkei ist, dann aber doch noch offen: „Wenn sich drei unserer Stürmer verletzen, zwei coronabedingt ausfallen oder dergleichen und sie meine Unterstützung in solch einer besonderen beziehungsweise extremen Situation benötigen, werde ich natürlich da sein.“
Nationaltrainer Stefan Kuntz in der Pressekonferenz und im Post-Match-Interview über…
… die ihn nicht zufriedenstellende erste Halbzeit:
„In den ersten 20 Minuten haben wir gesehen, dass unsere Spieler nicht an einen Sieg geglaubt haben. Nach dem ersten Gegentreffer wurden wir etwas besser. Danach kehrten die Gefühle unserer Spieler zurück. Beim zweiten Gegentor hatten wir eine Unachtsamkeit. Wir haben hart gearbeitet, aber wir mussten vor dem Spielzug, der zum Tor führte, noch enger am Gegner sein.“
… die Ansprache in der Kabine:
„Bei unserem Gespräch in der Halbzeitpause habe ich sie an die Spiele gegen Lettland und Montenegro erinnert. Ich habe ihnen erzählt, wie wir zurückgekommen sind, als wir zurücklagen. Ich habe ihnen gesagt, dass sie in Portugal gegen Portugal zu Chancen kommen. Und daraufhin die Frage gestellt, ob sie daran glauben, dass sie gewinnen können? Alle waren überzeugt und sagten ‚Ja‘. Wir entgegneten wiederum mit den Worten ‚Dann zeigt es uns auf dem Spielfeld.‘ Auch habe ich sie in der Kabine gefragt, ob sie in der zweiten Hälfte die alte Formation zurückhaben wollen? Jedoch antworteten sie, dass sie zufrieden mit der Taktik sind und so weiterspielen möchten. Für einen Trainer ist das sehr wertvoll. Ich bin stolz auf unsere Leistung in der zweiten Halbzeit. Wir haben Portugal zu Hause nicht spielen lassen. Wir haben hart gearbeitet. Auch hatten wir die Chance, das Unentschieden zu erreichen. Manchmal braucht man eben etwas Glück. Wir sind eine junge Mannschaft und befinden uns in einer Entwicklungsphase. Wenn wir die nötigen Lehren ziehen, werden wir uns noch weiterentwickeln.“
… die höhere Chancenausbeute als Portugal:
„Haben sie eigentlich die Partie verfolgt? Wir hatten viel mehr Chancen als Portugal. Nach dem ersten Gegentreffer sind wir aufgewacht. Den zweiten Gegentreffer haben wir uns echt dumm eingefangen. Wir müssen stolz auf diese Mannschaft sein, da sie nach einem 0:2-Rückstand noch die Gelegenheit hatte auszugleichen. Gegen Lettland hatten wir das Quäntchen Glück auf unserer Seite. Heute leider nicht. In der Türkei darf sich niemand aufgrund dieser Begegnung schämen. Natürlich haben wir Defizite, aber wir werden Schritt für Schritt dieses Spiel entwickeln. Ich bin stolz auf mein Team. Allerdings möchte ich Euch die Frage stellen, ob auch sie stolz auf die türkische Nationalmannschaft sind?“
Weitere Stimmen
Fernando Santos (Trainer, Portugal): „Auch wenn Rui Patricio einer unserer Kapitäne ist, war er heute nicht fit genug, um aufzulaufen. Deswegen habe ich mich für Diogo entschieden. Meine Strategie gegen die Türkei ging auf. Zwar hat Cristiano Ronaldo keinen Treffer erzielt, aber er hat die Türkei beschäftigt. Er hat Räume für seine Mitspieler freigemacht. Wir haben mit viel Selbstvertrauen gespielt und werden auch Nordmazedonien mit Respekt angehen. Allerdings muss ich gestehen, dass der Moment des Elfmeters sehr schwierig war. Bis zu der Minute hatten wir das Spiel unter Kontrolle. Die Türkei hat etwa für 15 Minuten den Anschluss gefunden und hierbei einen Elfer zugesprochen bekommen. Wäre das 2:2 gefallen, hätte sich alles verändern können.“
Berkan Kutlu (LAV, Türkei): „Ich bin stolz auf diese Mannschaft. Es gibt nicht viel zu sagen. Wir sind wirklich sehr enttäuscht. Wir standen kurz davor, von einem 0:2-Rückstand zurückzukommen. Ich finde die passenden Worte dazu nicht. Ich bin einfach nur stolz auf die gesamte Mannschaft.“
Ozan Kabak (IV, Türkei): „Es ist eine schwierige Nacht. So auszuscheiden, verletzt einen innerlich. In der ersten Halbzeit haben wir nicht ins Spiel gefunden. In der zweiten Hälfte haben wir wiederum eine Performance abgeliefert, auf die man stolz sein kann. Es ist nicht leicht, auswärts in Portugal so dominant zu spielen. Leider können wir nichts mehr dagegen machen. Wir sind einfach nur traurig.“
3 Kommentare
Zusammen mit Arda Turan das grösste Stück Scheisse das jemals die Kapitänsbinde der Milli getragen hat.
Woher nahm dieser Hund überhaupt die Schamlosigkeit nach der EM noch weiter in der Milli zu machen.
Ich bin immernoch sprachlos.. fassungslos. eine innere leere…
Wir hätten Portugal nach dem 2-2 geschlagen…
Wenn Portugal 3-0 gewinnt, bin ich nicht traurig
Wenn Türkei kein 11m kriegt, bin ich nicht traurig
Wenn Italien nicht verliert bin ich nicht traurig.
Aber es kommt alles zusammen.. Mazedonien gewinnt gegen Italien, wir kriegen die unglaubliche Chance das Spiel zu drehen und ein Heimspiel gegen Mazedonien zu bestreiten für die WM nach 20 Jahren Abwesenheit…
Und es wird wieder nichts…
Ich habe gestern noch vor dem Spiel 5-6 Namen genannt die ich in dieser Mannschaft nicht mehr sehen möchte. Tja Herr Kuntz , was hast du die letzten Monate gesehen und beobachtet, dass du Berkan, Burak und Hakan der mich bisher in fast keinem Milli Takim Spiel überzeugt hat spielen lässt?