Die Nachricht vom gestrigen Dienstag schlug in der Türkei ein wie eine Bombe. Der Vorsitzende des türkischen Fußballverbandes TFF, Nihat Özdemir, hatte entgegen den allgemeinen Erwartungen verkündet, dass der Spielbetrieb in der türkischen Süper Lig weitergehen würde. Es seien zwar keine Zuschauer zugelassen, aber gespielt würde trotzdem. Wie das auch in der Ukraine der Fall sei. Das bringt nun einige ausländische Stars auf die Palme und gipfelte in einer Vertragsauflösung.
Einige der ausländischen Ex-Stars, von denen die Türkei einige beschäftigt hat, gehen nun wegen der Entscheidung des TFF auf die Barrikaden. Dem Verband wird vorgeworfen, er handele moralisch verwerflich und die Entscheidung zum Weiterspielen sei völlig indiskutabel. Man wolle eine sofortige Unterbrechung des Spielbetriebes – was nachvollziehbar ist. Während man vor den Matches auf Handkontakt verzichtet, wird sich beim Torjubel umarmt und man hat in Zweikämpfe, bei Standards wie Ecken und Co. vollen Körperkontakt. Da könnte man sich auch vor dem Spiel die Hände schütteln, denn es würde kaum einen Unterschied machen.
Wie Nihat Özdemir verkündete, werde bis Ende April ohne Zuschauer weitergespielt. Und damit hat er sich den Zorn, das Unverständnis und sogar die Wut einiger Spieler auf sich gezogen. Alles wartete im Grunde auf eine Unterbrechung – zumal die UEFA vorher mitteilte, die EURO 2020 werde auf 2021 verschoben. Nach der TFF-Entscheidung ließen die Spieler auf ihren Accounts der Social Media ihrem Unmut freien Lauf. Ganz vorne war dabei wieder einmal Fernando Muslera, Nationalkeeper von Uruguay, der bei Galatasaray unter Vertrag steht. Er erinnerte die Verbandsgrößen daran, dass auch sie als Spieler Familien hätten und darum gerne zur Risikominimierung daheim bleiben würden. Die Forderung wurde von seinem Mannschaftskameraden Radamel Falcao, Top-Transfer der Saison, unterstützt.
Wegen Corona-Angst? – Vertrag von John Obi Mikel aufgelöst!
Fabien Farnolle, französischer Keeper von Yeni Malatyaspor, zeigte ebenso sein Unverständnis über die Entscheidung. Doch auch türkische Spieler gruppierten sich ein. So zum Beispiel Mert Hakan Yandas von Sivasspor und Stürmer Ilhan Parlak von MKE Ankaragücü. Wächst sich das zu einer Revolte der Spieler aus und droht möglicherweise sogar ein Streik, nachdem Trainer-Ikone Fatih „Imperator“ Terim sagte, er habe Angst um die Gesundheit „seiner Kinder“, also seiner Spieler? In der Causa eines Spielers wurden sogar weitreichende Nägel mit Köpfen gemacht – John Obi Mikel von Trabzonspor. Elf Jahre kickte der Nigerianer beim FC Chelsea und war Kapitän des Nationalteams von Nigeria. Er hatte seinen Unmut schon vor dem Wochenende via Social Media verkündet und gesagt, dass er nicht im Topspiel gegen Basaksehir antreten wolle.
Das zog eine Freistellung und letztlich eine Vertragsauflösung „in beiderseitigem Einvernehmen“ nach sich. Eigentlich sollte der Kicker, der fast 100 Einsätze für Nigeria auf dem Buckel hat und rund 250 Male für Chelsea auflief, bis 2021 in der Türkei bleiben. Das ist nun Geschichte. Wie wird man bei anderen Topstars der Liga, die ihre Meinung vertreten und denen die Gesundheit ihrer Familien teuer ist, reagieren? Droht eine Welle an Vertragsauflösungen? Das, was neben dem Platz in der Süper Lig passiert, ist derzeit jedenfalls weit spannender als das, was im leeren und stimmungslosen Rund der Stadien gezeigt wird.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst auf www.hürriyet.de
Link: https://www.hurriyet.de/news_geht-die-sueper-lig-in-einen-streik-86795_143534599.html
Autor: Chris Ehrhardt
2 Kommentare
Terim hat heute alle Spieler nach Hause geschickt. Da sollen einfach alle Vereine einmal zusammen halten und einfach mal Streiken…
Nicht mal EINE Sache können die Pappenheimer richtig entscheiden. Der türkische Fußball ist und bleibt ein Witz.