Christoph Daum, der knapp acht Jahre lang als Cheftrainer von Besiktas, Fenerbahce und Bursaspor fungierte, hat seine Liebe und Beziehung zur Türkei nie verloren. Er trifft sich weiterhin regelmäßig mit seinen Kollegen, insbesondere mit Ömer Erdogan, dem Cheftrainer von Atakas Hatayspor. In einem Interview mit der türkischen Tageszeitung „Hürriyet“, das im Büro des deutschen Cheftrainers geführt wurde, offenbarte Daum unter anderem seine Meinung zur türkischen Nationalmannschaft. Der Deutsche bewertete auch die Erfolglosigkeit von Besiktas und Fenerbahce. Dabei verwies er auf mögliche Lösungen.
Christoph Daum über den Titelgewinn von Besiktas:
„Der wichtigste Grund, weshalb Besiktas vergangene Saison Meister wurde, war die Einheit und der Zusammenhalt der Mannschaft. Fast alle Spieler haben nämlich einen erheblichen Beitrag für das Team geleistet. Yalcin vollbrachte kein Wunder, er hat es mit einer raffinierten Strategie und einem dezimierten Mannschaftskader dennoch geschafft Meister zu werden. Denn wer sich gut in der Fußballwelt auskennt, versteht diese Nuancen. Trotz der Tatsache, dass sich Fenerbahce und Galatasaray in einer vorteilhafteren Position befanden, hat Yalcin den Double-Sieg perfekt gemacht. Sergen Yalcin hatte bis zum letzten Spieltag nie erwähnt, dass sie Meister werden wollen. Er überholte schließlich wie ein Formel 1-Pilot alle Mannschaften und wurde am Ende der Saison Meister. Aus dem Grund gleicht die Süper Lig einem Formel 1-Rennen. Es ist wichtig in der Pole Position zu sein, jedoch kann man immer wieder eingeholt bzw. überholt werden. Der Meister wird schließlich in den letzten zwei bis drei Spieltagen der Saison ermittelt.“
… über den Saisonverlauf von Besiktas in dieser Saison:
„Leider konnte Yalcin von Spielern mit großen individuellen Fähigkeiten nicht profitieren. Daher müssen andere Spieler diese Lücke schließen. Wenn ein Spieler transferiert wurde, so muss dieser seinen Beitrag leisten. Denn nur die Bildung einer richtigen, hochwertigen und qualitativen Spielergemeinschaft macht ein Team erfolgreich. Hier genießt die Charakterrolle der Spieler ebenfalls große Priorität. In die Mannschaften, die ich trainiert habe, wurden wichtige und bekannte Spieler transferiert. Ich habe diese jedoch nicht sofort in die erste Elf befördert, da ich die Meinung vertrete, dass sie erstmal die Mannschaft kennenlernen sollten. Anschließend können sie, sofern sie ihre Leistungen bringen, regelmäßig in der ersten Elf spielen. Diese Strategie hat sich positiv ausgewirkt. Als Besiktas Pjanic transferierte, wurde er sofort in die erste Elf beordert und bekam sofort den Druck mit den hohen Erwartungen zu spüren. Da der Spieler jedoch seine Mannschaftskollegen kaum kannte, konnte er seinen Beitrag für die Mannschaft nicht leisten.“
… über Fenerbahce:
„Dass Ali Koc junge Trainer unterstützt und sie auch einsetzt, hat mich persönlich sehr glücklich gemacht. Dadurch ebnete er den Weg für ehemalige Fußballprofis wie Erol Bulut und Emre Belözoglu, die in Zukunft ihren Stempel dem türkischen Fußball aufsetzen werden. Als Außenstehender möchte ich noch Folgendes loswerden: Ali Koc hat sehr wichtige Investitionen getätigt und den Spielern für ihre Integration in die Mannschaft Zeit gegeben. Dies hat er auf eine professionelle Art und Weise gemacht, jedoch wurde diese Arbeit nicht belohnt. Fenerbahce hat nämlich meiner Ansicht nach qualitativ den besten Kader der Süper Lig.“
… über die türkische Nationalmannschaft:
„Stefan Kuntz arbeitete viele Jahre in Deutschland für die U-Nationalmannschaft. Nun fungiert er als Cheftrainer für die A-Nationalmannschaft der Türkei in einem ganz anderen Umfeld. Ich glaube, dass Kuntz und sein Assistent Kenan Kocak gute Projekte hervorbringen und einen positiven Beitrag für den türkischen Fußball leisten werden. Sie können die Entwicklung junger Spieler vor allem im U19- und U21-Bereich maßgeblich beeinflussen. Voraussetzung ist hierbei die notwendige Unterstützung des türkischen Fußballverbandes. Kuntz hat sehr gute Nationalspieler mit individueller Qualität in seinen Reihen, daher ist für die türkische Nationalmannschaft nichts unmöglich. Ich sehe daher keinen Grund, weshalb sie nicht erfolgreich sein sollten.“