Die Türkei hat sich am gestrigen Sonntag zum dritten Mal in Folge und zum insgesamt sechsten Mal überhaupt für die Europameisterschaft qualifiziert. Durch den 4:0-Erfolg in Konya gegen Lettland in der EM-Qualifikation (zum Spielbericht) sicherte sich die türkische Mannschaft vor dem letzten Gruppenspiel gegen Wales (21. November) vorzeitig die Teilnahme an der EURO 2024 in Deutschland. Erneut zeigte die türkische Elf unter Neu-Nationaltrainer Vincenzo Montella über weite Strecken eine gute Leistung, auch wenn man sich anfänglich recht lange schwertat gegen die Letten. Einige Akteure konnten individuell jedoch wieder glänzen.
Die türkischen Spieler in der Einzelkritik
Ugurcan Cakir: Sicherer Rückhalt für die türkische Hintermannschaft. Der Torhüter von Trabzonspor verhinderte zweimal mit starken Reflexen zu einem psychologisch wichtigen Zeitpunkt den möglichen Ausgleich und war auch im Passspiel präsent. Nur bei hohen Hereingaben und Ecken oftmals zu zögerlich und unsicher beim Herauslaufen. – Note: 2
Ferdi Kadioglu: Wurde bereits zu Beginn der zweiten Halbzeit ausgewechselt. Bis dahin zeigte Kadioglu eine ordentliche Leistung auf der rechten Abwehrseite. War sowohl in der Vorwärts- als auch in der Rückwärtsbewegung sehr aktiv im Spiel und immer bemüht, die Offensive zu unterstützen. Allerdings fehlte im Angriff oftmals die Präzision. Zudem zeigte Kadioglu einige ungewohnte Defizite bei der Ballannahme. – Note: 3
Samet Akaydin: Zeigte viel Einsatz und warf sich in jeden Zweikampf und Schuss des Gegners. Wie schon gegen Kroatien mit einer äußerst soliden Vorstellung. Trotz geringer Einsatzzeiten bei Fenerbahce, rechtfertigte Akaydin seine Berufung durch Ex-Coach Vincenzo Montella, und empfahl sich für weitere Aufgaben. Womöglich auch für den EM-Kader im nächsten Jahr. – Note: 2,5
Abdülkerim Bardakci: Zeigte in seiner Heimatstadt Konya abermals eine gute Leistung. Bei einer Ecke scheiterte Bardakci mit seinem starken Kopfball an der Latte. Setzte seinen Körper gegen die robusten Letten ausgesprochen effektiv ein und war sowohl in der Luft als auch am Boden souverän. – Note: 2
Cenk Özkacar: War erneut als Linksverteidiger im Einsatz. Lieferte mit seiner Hereingabe die Vorlage zum sensationellen 1:0 durch Yunus Akgün. Aber ansonsten waren seine Flanken viel zu ungenau und damit wirkungslos. In der Abwehr passabel, aber in der Vorwärtsbewegung zu behäbig. Dennoch ohne größere Fehler. Ließ den Gegner jedoch im zweiten Durchgang zu oft über seine Seite recht unbedrängt flanken. – Note: 3,5
Ismail Yüksek: Nicht so stark wie gegen die Kroaten, aber mit seiner Energie und seinem Laufpensum dennoch der absolute Mittelfeldmotor der Türken. Nach einer klasse Balleroberung lieferte Yüksek zudem uneigennützig den Assist zum 4:0 durch Cenk Tosun. Erneut eine gute Performance von Yüksek. – Note: 2
Salih Özcan: Der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund blieb im Vergleich zum Kroatien-Spiel etwas blass. War mehr darauf bedacht, den Ball mit kurzen sicheren Pässen zu seinen Mitspielern zu bringen, als aktiv das Aufbauspiel nach vorne zu steuern, was er anderen Spielern überließ, auch wenn sich die Räume boten. Dass er es definitiv besser kann, haben wir gegen Kroatien gesehen. – Note: 3,5
Hakan Calhanoglu: Der Kapitän blieb stets ruhig und behielt die Übersicht. War sich zudem für keinen Zweikampf zu schade. Schlug mehrere gefährliche Ecken mit viel Effet. Eine hätte fast durch Abdülkerim Bardakci zur Führung geführt. Dennoch ließ er erneut seine Offensivqualitäten etwas vermissen. – Note: 3
Yunus Akgün: Permanenter Unruheherd für die lettische Abwehr. Schnell wurde klar, warum Montella einen weiteren ehemaligen Schützling nominiert und aufgestellt hatte. Quirlig und mit viel Zug zum Tor. Ein Treffer wurde nach fragwürdiger Abseitsstellung annulliert. Steckte aber nicht auf und erzielte ein Traumtor zum wichtigen 1:0. – Note: 1,5
Kerem Aktürkoglu: Die defensiv eingestellten Letten machten auch Aktürkoglu gut zu schaffen, der sich viele Male an der Abwehrreihe des Gegners aufrieb oder steckenblieb. Hatte seine beste Szene mit einem schönen Solo im Strafraum kurz vor der Pause, doch seinen Schuss wehrte der lettische Keeper zur Ecke ab. – Note: 3,5
Baris Alper Yilmaz: Weit entfernt von seiner Leistung aus dem Kroatien-Spiel. Dies hatte mehrere Gründe. Zum einen die sehr tief stehende Abwehr der Letten und zum anderen die vielen hohen Bällen in die Yilmaz deutlich an Körpergröße überragende Innenverteidigung des Gegners. Gegen die eng gestaffelte Hintermannschaft kam Yilmaz nie wie gewünscht zur Entfaltung. – Note: 3,5
Zeki Celik: War nicht ersichtlich, warum Celik direkt zu Beginn der zweiten Halbzeit für Kadioglu ins Spiel kam. Spielte deutlich zurückhaltender als Kadioglu, was die Offensivbemühungen betraf und verlagerte sich mehr auf die Defensivarbeit. Hatte in der kurzen Sturm und Drangphase der Letten einige Probleme, aber spielte ohne große Fehler. – Note: 4,0
Berkan Kutlu: Kam in der 68. Minute für Özcan in die Partie, um dem Mittelfeld mehr Stabilität im defensiven Bereich zu verleihen, was jedoch nur bedingt gelang. Blieb generell recht unauffällig, schreckte jedoch nicht vor harten Zweikämpfen zurück. – Note: 4,0
Cenk Tosun: Stach als Joker in absoluter Topstürmer-Manier. Stand stets da, wo ein Angreifer stehen muss und war durch seine Abschlussstärke der Matchwinner. Sein wuchtiger Kopfball zum 2:0 entschied die Partie endgültig. Schloss die Partie mit einem Doppelpack ab und verpasste nur knapp den Hattrick. Lediglich seine Laufbereitschaft und die Intensität im Defensivverhalten ließen Raum für Verbesserung offen. – Note: 1,5
Yusuf Sari: Der Yukatel Adana Demispor-Profi zeigte, warum ihn sein früherer Vereinstrainer Vincenzo Montella unbedingt im Kader sehen wollte. Nach seiner Einwechslung sorgte Sari permanent für Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Bereitete das 3:0 durch Aktürkoglu mustergültig nach einem Konter vor und war durch seine starken Tempodribblings und seinen Zug zum Tor stets gefährlich. – Note: 1,5
Kaan Ayhan: Kam erst in der 86. Minute ins Spiel, um die Verteidigung zu unterstützen. Eine Bewertung ist aufgrund der kurzen Einsatzzeit nicht möglich.
7 Kommentare
Für mich zeigen die beiden Siege auch, dass wir nicht zwingend auf Spieler angewiesen sind, die ihre Ausbildung außerhalb der Türkei genossen haben. Guckt euch mal Abdülkerim Bardakci und Samet Akaydin an, beide haben perfekt zusammen harmoniert. Auch ein Kerem Aktürkoglu und Baris Alper zeigen wirklich gute Leistungen. Anscheinend haben wir in unserem 80 Millionen Land Türkei doch Spieler die spielen können, wahrscheinlich hatten wir keinen der mal die Augen auf macht und diese Spieler findet und fördert.
Ich glaube schon daran, dass wir talenterte Kicker haben, aber so lange Trainer wie Ersun Yanal, Aykut Kocaman oder Fatih Terim türkische Vereine trainieren, werden diese jungen Spieler „aussterben“.
Guckt euch mal an wo Cenk Özkacar, Baris Alper, Samet Akaydin, Kerem Aktürkoglu, Abdülkerim Bardakci, Bertug Yildirim und Co. vor 3-5 Jahren waren. Der eine war bei Altay, der andere Keciörenspor usw.
Hoffentlich machen wir demnächst unsere Augen auf und fördern solche Spieler von vorne rein.
Ich teile deine Ansicht zu 100%.
Ich gucke mir gerne Historien der Spieler an, die jetzt im Aufschwung oder sogar erfolgreich sind und freue mich jedes Mal, wenn sie in der Türkei oder in unterklassigen Ligen waren. Beste Beispiele dazu hast du ja bereits genannt.
Traurigerweise sind die Talente, die hochgepriesen wurden, oftmals in der zweiten oder dritten Liga der Türkei (das habe ich mal bei einem anderen Beitrag ausführlicher geschrieben).
Jedenfalls kann das gerne so weitergehen.
An erster Stelle muss ich mich bei Montella entschuldigen, ich hatte nach der Entlassung von Kuntz gesagt, dass der Nachfolger in so einer kurzen Zeit keine Handschrift zeigen kann und gegen Kroatien verlieren wird.
Mit 2 schnellen Siegen ohne Gegentor und gutem Fußball hat Montella jetzt schon seinen Stempel aufgedrückt. Bei Kuntz haben wir keinerlei System erkannt, obwohl die Ergebnisse da waren. Mit Montella ist endlich dieses Wir-Gefühl bei der Nati zurück.
Natürlich sollten wir den Ball erst einmal flach halten und nicht direkt durchdrehen. Ich bin froh, dass wir den Taschenrechner nicht auspacken mussten und uns endlich mal bequem für ein Turnier qualifiziert haben.
Viele Spieler haben ihre Nominierung mit guten Leistungen bestätigt. Samet Akaydin war vorher schon ein guter Spieler bei Adana, das habe ich oft genug hier rein geschrieben. Bei FB kriegt er einfach keine Chance und kommt anscheinend auch nicht mit dem Druck klar. Abdülkerim hat sich seinen Stammplatz durch seine Leistungen bei uns mehr als nur verdient. Salih Özcan zeigt seine Qualitäten, aber auch viele viele andere Spieler waren wirklich gut.
Jetzt beginnt die Phase für die Spieler, wo jeder sich beweisen muss um in den finalen Kader für die EM zu kommen. Da wird es sicherlich einige Überraschungen und Enttäuschungen geben.
Frosch, du fragst dich, warum ich es so dramatisiere?
Weil es hier noch mal wegen den Kollegen glimpflich ausgegangen ist. Das muss vom Trainer unbedingt thematisiert werden.
Dass andere Spieler das auch so machen, ist eine schwache Begründung.
Hallooooooo, denk an Zidane und die WM.
Wenn andere aus dem Fenster springen, springst du doch auch nicht runter.
Es ist einfach peinlich, wenn Profis wie Magandas reagieren, absolut unprofessional, aber typisch für schlecht erzogene Menschen. Da zeigt man gleich, wo man sozialisiert wurde, nämlich auf der Straße ( Streetfighter).
Auf dem Feld spielst du aber unter Aufsicht, vor den Augen aller, auch der Kinder, als Vorbild. Man muss nicht jeden negativen Trend mitmachen, oder?
Als Nationalspieler sollte man anders reagieren, als ein Clubspieler.
Kerem, der ein Tor geschossen hat mit einer schlechteren Bewertung als Hakan Calhanoglu, der wieder einmal wohlbemerkt absoluten Scheiß zusammengespielt hat. Im Text wird auch gar nicht erwähnt, dass Kerem ein Tor geschossen hat. Da hat der Admin wohl gepennt.
ich vestehe nicht, wie das eigene Ego wichtiger sein kann, als das Weiterkommen.
Warum wollte Abdulkerim den Letten verprügeln? Was glaubt er, wo er gerade in dem Moment ist? In einer dunklen Gasse, wo er zeigt, wo der Hammer hängt?
So kann doch kein Profi agieren, er gefährdet soviel, für was? Ein Glück, dass Kollegen ihn mehrmals weggezogen haben. Maganda hoch drei, oder ein gekaufter Provokateur?
Ich würde eine verbindliche Regel einführen, wer nach Aktion auf den Gegner oder Schiedsrichter losgeht, zahlt 100.000 €.
Zidane hat mit so einer Aktion seine Weltmeisterschaft vernichtet.
Das ist Fußball. Es kann doch mal passieren, dass man sich anschreit und es zu einer Rudelbildung kommt. Sowas sieht man doch in jedem zweiten Spiel. Die Emotionen sind in so einem wichtigen Spiel natürlich besonders hoch. Apo hätte da anders reagieren müssen, aber warum man das jetzt so deutlich hervorhebt, verstehe ich nicht so richtig.