Trabzonspor-Klubchef Ahmet Agaoglu äußerte sich in einem Interview über Trainer Abdullah Avci, die wirtschaftliche Situation des Klubs und der türkischen Vereine, den bisherigen Saisonverlauf sowie die Transferphase. Dabei gab der 65-Jährige zu, dass die Mannschaft im Anschluss an den Meistertitel nicht den nächsten Schritt gehen und damit die Erwartungen in dieser Saison bisher nicht erfüllen konnte. Zudem kritisierte Agaoglu den europäischen Fußballverband für die Terminierung der UEFA Nations League, wodurch etliche Spieler bei der Saisonvorbereitung gefehlt haben. Bezüglich der finanziellen Lage kündigte der Vereinsboss an, dass viele türkische Vereine wirtschaftlich betrachtet den Februar 2023 nicht mehr überstehen werden.
„Abdullah Avci ist unumstritten“
Agaoglu gesteht zwar ein, die Fans seien immer im Recht und dürfen den Trainer kritisieren, doch ein Trainerwechsel käme nicht infrage: „Der Trainer kann für die Auswechslungen oder die taktische Ausrichtung kritisiert werden. Allerdings ist Avci als Trainer unumstritten. Ich finde es nicht richtig, einen Trainer infrage zu stellen, der die Mannschaft nach so langer Zeit zum Titel geführt hat. Wichtig ist für mich die Konstanz. Fehler können mit der Zeit behoben werden. Jeder Trainerwechsel bringt einen Neuanfang mit sich und ist nicht ganz schmerzfrei. Wir stoßen vor allem nach Punktverlusten auf Kritik gegenüber dem Trainer, doch wir werden mit Avci weitermachen.“
„Wir konnten die Erwartungen nicht erfüllen“
Der 65-Jährige gibt zu, die Erwartungen nicht erfüllt zu haben und macht einerseits die UEFA und andererseits die Probleme während der Transferphase dafür verantwortlich: „Wir konnten die berechtigten Erwartungen der Fans, nach dem Gewinn des Meistertitels einen Schritt weiterzugehen, nicht erfüllen. Die Fans haben immer recht und ich werde ihnen immer dankbar für ihre enorme Unterstützung sein. Die erhofften Ergebnisse sind ausgeblieben. Das Ausscheiden aus der Champions League hat der Psyche der Spieler geschadet. Die Mannschaft selbst hat dies uns gegenüber erklärt. Letztes Jahr sind wir gut in die Saison gestartet, weil die Neuzugänge am ersten Tag des Trainingslagers dabei waren. Dieses Jahr hatten wir in den Verhandlungen vor allem in den finanziellen Punkten Probleme. So konnten wir erst zum Ende der Transferphase drei Spieler verpflichten, die zu den angebotenen Gehältern bereit waren zu unterschreiben.“
„Über die Nations League kann man streiten“
Der Trabzonspor-Präsident sieht ein weiteres Problem im Rahmen der Saisonvorbereitung in der Nations League: „Über die Notwendigkeit der Nations League lässt sich gewiss streiten. Ohnehin wird über diesen Wettbewerb phasenweise diskutiert. Elf Spieler aus unserem Kader haben daran teilgenommen und fehlten daher bei den Vorbereitungen auf die neue Saison. Vier Neuzugänge konnten an der ersten Etappe des Trainingslagers nicht teilnehmen. Das hat uns große Probleme im Hinblick auf die Eingewöhnungsphase der Neuverpflichtungen bereitet. Dementsprechend enttäuschend verlief der Saisonstart für uns. Mittlerweile sieht es wieder besser aus. Die Pause von 45 Tagen wird ziemlich interessant. Das Transferfenster ist im Januar, die Winterpause jedoch im November. Mit den Winterneuzugängen wird keine Vorbereitung absolviert werden können. Eine andere Frage ist, in welchem Zustand die Spieler von den Nationalteams zurückkehren werden.“
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„Wir müssen uns durch Spielerverkäufe über Wasser halten“
Agaoglu erklärte, dass die Gehälter der Mannschaft etwas zu hoch und nicht zu stemmen seien. Aufgrund dessen müsse sich der Verein durch Spielerverkäufe über Wasser halten: „Letztes Jahr betrug das Gehaltsbudget der Mannschaft 20 Millionen Euro. Zum Ende der Saison waren wir bei 25 Millionen Euro und mittlerweile sind wir bei 33 bis 34 Millionen Euro. Mit den aktuellen Einnahmen sind diese Ausgaben nicht zu stemmen. Die Sponsor- und TV-Einnahmen sind erheblich gesunken. Entweder müssen wir Spieler aus dem eigenen Nachwuchsbereich verkaufen oder Spieler günstig einkaufen, weiterentwickeln und für mehr Geld weiterverkaufen. Jedes Jahr, ein bis zwei Spieler. Nur so können wir uns über Wasser halten. Dieses Jahr haben wir diese Lücke durch den Verkauf von Ahmetcan Kaplan an Ajax Amsterdam gefüllt. In der Saison 16/17 gab es für einen Sieg 800.000 Euro, heute liegt die Siegprämie bei 125.000 Euro. Die TV-Einnahmen sind um 80 Prozent gesunken.“
„Die Vereine werden den Februar 2023 nicht mehr überstehen“
Der 65-Jährige kündigte an, dass unter diesen Umständen viele Vereine den Februar 2023 nicht mehr überstehen würden: „Im Rahmen der Einigung mit dem Bankenkonsortium soll eine Zahlung der Zinsen in Höhe von 240 bis 250 Millionen Lira getätigt werden. Während gleichzeitig die Einnahmen sinken, ist ein nachhaltiges Wirtschaften nicht mehr möglich. Im letzten Bericht der UEFA gibt es drei Länder, die Verluste aufweisen. Israel hat einen Verlust von 38 Prozent, Polen 58 Prozent und die Türkei einen Verlust von 156 Prozent, im Hinblick auf Ausgaben und Verlust von Einnahmen. Wir haben bei der Klubvereinigung darüber gesprochen. Es gibt Vereine, die den Februar 2023 finanziell nicht mehr überstehen werden. Ich habe immer Sivasspor als Beispiel gegeben, denn es ist ein Verein, der nur mit den zur Verfügung stehenden Mitteln wirtschaftet. Selbst ihr Budget weist einen Verlust von 100 Millionen Lira auf, obwohl sie im Europapokal erfolgreich waren.“