Es ist vollbracht (zum Spielbericht)! Die Türkei qualifizierte sich am gestrigen Donnerstagabend im ausverkauften Türk Telekom-Stadion am vorletzten Spieltag der Gruppe H für die EURO 2020. Am Ende reichte es gegen Island zwar nur zu einem torlosen Remis, aber es fühlt sich im Grunde wie ein Sieg an: „Ich kann meine Freude und die Emotionen gar nicht in Worte fassen. Heute habe ich etwas erreicht, was ich schon seit meiner Kindheit unbedingt erreichen wollte. Für mich fühlt sich dieses Unentschieden wie ein Sieg an. Wir haben einen sehr jungen und guten Kader, der sich mit jedem messen kann. Ich glaube daran, dass wir auch bei der Europameisterschaft erfolgreich sein werden“, so AS Rom-Star Cengiz Ünder nach dem Lösen des EM-Tickets.
Calhanoglu stolz über vorzeitige Qualifikation
Sein Serie A-Kollege aus Italien, Hakan Calhanoglu vom AC Mailand, sprach vom psychischen Druck: „Eine große Last fällt uns von den Schultern. In der Kabine herrscht eine tolle Stimmung. Ich hoffe, dass wir auch eine gute EM spielen werden. Normalerweise haben wir die Teilnahme immer bis zum Schluss offen gehalten. Aber dieses Mal haben wir um die Tabellenführung mitgespielt.“ Auf der gegnerischen Seite zollte der erfahrene Keeper Hannes Thor Haldorsson der türkischen Auswahl den nötigen Respekt: „Wir haben eine sehr gute Quali gespielt, aber haben es nicht unter die ersten beiden Plätze geschafft. Wir waren gut, aber die Türken waren grandios.“
Merih Demiral wird zum Helden
Aber es hätte auch ganz anders kommen können, wäre da in der 82. Minute nicht Juventus Turin-Profi Merih Demiral in letzter Sekunde zur Stelle gewesen und hätte in größter Not geklärt. Caglar Söyüncü von Leicester City sagte diesbezüglich: „Als ob er das Land allein beschützt hätte“ und lobte seinen Abwehrpartner in den höchsten Tönen. Der in diesem Moment geschlagene Torhüter Mert Günok ergänzte und sprach im Anschluss sogar vom Titeltraum: „Als der Ball an mir vorbeiflog, habe ich ins Tor geblickt und Merih gesehen. In diesem Moment habe ich ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Wir werden uns gut vorbereiten und haben dafür lange Zeit. Hoffentlich werden wir ein Teilnehmer des Halbfinals oder Finals in England. Die Vorfreude auf den Sommer wird bei jedem sehr groß sein.“ Außenverteidiger Mehmet Zeki Celik vom OSC Lille schloss sich den Worten seines Torhüters an und sprach von einer kurzzeitigen Enttäuschung: „Der Ball überquerte Mert und ich war in dem Moment sehr frustriert. Doch dann kam wie aus dem Nichts Merih.“
Warum Patron werden? Hier erfahrt Ihr es!
Senol Günes: „Mein eigentlicher Traum ist die WM 2022“
Der türkische Nationaltrainer Senol Günes war nach der erfolgreichen Qualifikation sichtlich erleichtert und sprach schon von neuen Zielen: „Egal wer auf dem Platz stand, es war heute einfach wichtig, das Ziel zu verwirklichen. Die EURO 2020 war der Traum der ganzen Nation. Wir haben innerhalb von neun Monaten neun Spiele gemacht. Nach neun Monaten ist das Kind auf die Welt gekommen. Nun müssen wir es gut beschützen und gut erziehen. Ich bedanke mich bei den Fans. Wir haben in Istanbul drei Matches bestritten um endlich die negativen Dinge aus der Welt zu schaffen. Wir haben nicht gewonnen und zum ersten Mal keinen Treffer erzielt. Aber wichtig war das EM-Ticket. Von nun an geht es darum bei der Europameisterschaft erfolgreich zu sein. Es ist nicht meine Mannschaft. Es ist unsere Mannschaft, deshalb müssen wir alle gemeinsam agieren und kommunizieren. Ich gratuliere meinen Spielern für ihre bisherigen Leistungen. Ich habe viele Träume. Mein eigentlicher ist die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2022. Aber alleine werde ich das nicht verwirklichen können. Wenn man es nur mir überlässt, begehen wir einen Fehler. Wir müssen die Sache gemeinsam angehen. Es geht von nun an auch darum, dass wir dem türkischen Fußball einen neuen Schliff verpassen. Wir müssen die Spieler auf Weltklasseformat bringen.“
„Die Spieler müssen auch lernen zu verlieren“
Auf die Frage bezüglich des Vorteils für Weltmeister Frankreich auf den ersten Tabellenplatz sagte der 67-jährige Übungsleiter: „Andorra wird eine lange Reise für uns. Ich denke, dass wir gewinnen werden und dann werden wir abwarten. Der erste Platz könnte ein Vorteil sein. Für uns wird die EURO 2020 eine Prüfung. Die Spieler müssen auch lernen zu verlieren. Wenn man immer nur gewinnt, kann man nicht erwachsen beziehungsweise reifer werden. Mein eigentlicher Wunsch ist wie gesagt die WM 2022. Bei der EM werden wir hoffentlich Erfahrungen sammeln, aber bei einer WM ist es viel leichter ganz nach oben zu kommen. Wenn wir ein zweites Mal so etwas erleben, wäre es eine große Freude für mich.“