Der Blick auf die aktuelle Süper Lig-Tabelle wird die meisten Anhänger nach wie vor sehr überraschen. Auf den ersten drei Plätzen ist von den “Großen Drei” aus Istanbul nichts zu sehen. Besonders interessant ist der Fall von Fenerbahce Istanbul; das Team steht auf einem Abstiegsplatz. Nach dem erneuten Trainerwechsel stellt sich die Frage: Kann Ersun Yanal den Traditionsklub vor dem großen Absturz retten und rechtzeitig auf Kurs bringen?
Schwere Lage in sportlicher Hinsicht
Wer Fenerbahce Istanbul zuletzt in der Europa League begutachtete, konnte sich ein Bild davon machen, was derzeit falsch läuft. Beim bereits ausgeschiedenen Außenseiter Spartak Trvana gelang in 90 Minuten ein ganzer Schuss aufs Tor – zu wenig für die Mannschaft um den dann noch aktiven Trainer Erwin Koeman, welcher daraufhin vom ehemaligen Meistertrainer Ersun Yanal ersetzt wurde. Das 5-4-1-System zeigte sich so erfolglos wie die diversen anderen Formationen, mit welchen es der Niederländer in der Liga versuchte. Für die Europa League war die Niederlage gegen den slowakischen Klub irrelevant, da Fenerbahce ausreichend Punkte für die Zwischenrunde gesammelt hatte.
Dennoch begannen hier bereits die Probleme für Yanal, welcher mit seiner Mannschaft im Hinspiel des Sechzehntelfinales gegen eine starke Mannschaft aus St. Petersburg antreten muss. Dies wird jedoch angesichts der Tabellensituation in der Türkei nicht die größte Sorge für Fenerbahces Verantwortliche sein. Mit 16 Punkten nach 17 Spielen steht man nach wie vor auf einem die Alarmglocken klingeln lassenden vorletzten Platz. Während die Defensive (24 Gegentore) zwar zuviel zulässt – jedoch weniger Tore als der Tabellendritte Kasimpasa hinnehmen musste – bereitet vor allem der Angriff den Fans große Sorgen. 16 Tore sind weit weniger als nach 17 Spielen auf der Habenseite stehen sollten. Die besten Torschützen sind André Ayew und Michael Frey – derzeit aufgrund eines Bänderrisses außer Gefecht – mit vier bzw. drei Treffern.
Auch finanziell stimmt es hinten und vorne nicht
Auch nicht hilfreich bei der sportlichen Misere war folgender Vorfall: Nach dem Schlusspfiff in der Partie gegen Galatasaray entwickelte sich eine Verfolgungsjagd, infolge derer Schiedsrichter Firat Aydinus noch drei Akteure vom Platz stellte. Unter ihnen befand sich Fenerbahces Roberto Soldado, welcher eigentlich für das Toreschießen verantwortlich sein sollte. Zu Beginn war der Spanier nicht fit, dann wurde er infolge der Schlägerei vonseiten des türkischen Verbands für sechs Spiele aus dem Verkehr gezogen. Noch immer steht er bei null Ligatoren. Den Siegschancen von Fenerbahce tut das nicht besonders gut. Aktuell liegen die Betway Quoten auf den Europa League Titel bei 81,00 (Stand 17. Dezember). In der Süper Lig dürften sie angesichts des großen Rückstands auf Basaksehir bereits deutlich höher liegen. Der einzige Spieler, welcher sich in dieser Saison einigermaßen positiv präsentierte, ist der Franzose Mathieu Valbuena. Alleine kann dieser das Team aber auch nicht retten.
Abgesehen von der sportlichen Krise läuft es finanziell ebenfalls nicht rund. Dies liegt vor allem am ehemaligen Präsidenten Aziz Yildirim, welcher innerhalb von 20 Jahren einen massiven Schuldenberg aufbaute. Verbindlichkeiten in Höhe von 621 Millionen Euro schiebt der Traditionsverein nun vor sich her und hat dabei bereits den Großteil der geplanten Einnahmen bis zur Saison 2022/23 wieder ausgegeben. Aktuell verantwortlich für den Klub ist Ali Koc, welcher Medienberichten zufolge bereits über 40 Millionen Euro Privatvermögen in Fenerbahce investiert haben soll, um zumindest den Spielbetrieb inklusive teils teurer Gehälter aufrecht zu erhalten. Auch wenn Fenerbahce wohl nichts mit dem Abstieg zu tun haben wird, gilt dennoch auch für den Tabellenführer der ewigen Süper Lig-Tabelle: Irgendwann müssen die Punkte eingefahren werden.