Der deutsche Nationalspieler Ilkay Gündogan stand im Interview dem türkischen Fußballportal „Futbolarena“ Rede und Antwort. Dabei ging es vor allem um die Quarantäne-Phase während der Covid-19-Krise. Außerdem sprach der Mittelfeldspieler über die Hintergründe seines Wechsels zu Manchester City, seine Zeit in der Premier League und seine Zukunftspläne. Ob der 29-Jährige als Fußballer in der Süper Lig aktiv sein wird, sei ungewiss. Einen Trainerjob könnte sich der ehemalige Dortmunder jedoch sehr gut vorstellen.
„Ich habe viel PlayStation gespielt“
Neben dem von seinem Klub vorbereiteten individuellen Trainingsprogramm hat der Mittelfeldspieler viel Zeit an der Konsole verbracht. „Das Leben stand für jeden still. Zu Hause habe ich selbstverständlich das individuelle Trainingsprogramm absolviert. Die restliche Zeit habe ich meistens damit verbracht per Videokonferenz meine Familie zu sehen oder an der Konsole zu spielen. Zu meinen Lieblingsspielen zählen natürlich FIFA und PES. Zwischendurch habe ich mit Freunden Grand Theft Auto gespielt. Zum Ende hin habe ich vermehrt Football Manager am PC gespielt. Vor einigen Tagen habe ich mit einem Team aus der 3. Bundesliga eine neue Karriere gestartet. Es ist interessant eine Mannschaft aus den unteren Ligen in die Bundesliga zu führen. Davor habe ich mit einer unterklassigen englischen Mannschaft gespielt. Mit Balikesirspor hatte ich ebenfalls eine Karriere gestartet. Meine Mannschaftskollegen spielen eher Games wie Fortnite. Dafür interessiere ich mich nicht. Daher habe ich keinen aus der Mannschaft, mit dem wir gemeinsam spielen.“
„Uns wurden Fitnessgeräte zur Verfügung gestellt“
Während der Auszeit teilten sich Leroy Sané und Gündogan das Fitnessstudio in dem von ihnen bewohnten Gebäude. Die Fitnessgeräte stellte der Verein zur Verfügung. „Sie haben uns die benötigten Geräte nach Hause geschickt. Das Fitnessstudio in unserem Haus war nur für Leroy und mich geöffnet. Da er morgens gerne länger schläft, habe ich in der Zeit mein Training absolviert. Er trainierte schließlich nach mir. Wir haben in den zwei Monaten versucht unser Bestes zu geben. Ich denke, wir haben gut gearbeitet. Natürlich fallen die ersten Trainingseinheiten dennoch schwer, doch das ist meiner Meinung nach normal. Nicht mal als Kind blieb ich dem Fußball so lange fern. Es gab damals höchstens sechs Wochen Pause in den Ferien. Außerdem vermisst man natürlich die Teamkollegen in den zwei Monaten. Wir trainieren nun seit über zwei Wochen mit der Mannschaft. Am Anfang in kleineren Gruppen, ohne Kontakt und mit maximal fünf Spielern. Der Schwerpunkt wurde dabei auf Pass- und Fitnessübungen gelegt. Vorbereitungsspiele haben wir nicht bestritten. Es gab ein Trainingsspiel über zwei Mal 30 Minuten im Stadion. Da die Partien ohne Zuschauer stattfinden, war es ein guter Test.“
„Wir wollen uns den zweiten Platz sichern“
Gündogan sieht die restlichen Premier League-Partien als Vorbereitung für die wichtigen Begegnungen im FA Cup und der UEFA Champions League. Dennoch wollen die Citizens alle Partien gewinnen. „In der Liga wollen wir uns zumindest den zweiten Platz sichern. Wir betrachten die restlichen Partien zwar als Vorbereitungsspiele für eventuelle Champions League-Spiele im August und den FA Cup, dennoch wollen wir jedes Spiel gewinnen. Ohnehin wurde dieser Kader dafür zusammengestellt. Unser Trainer möchte ebenfalls jedes Spiel gewinnen. Er hat eine Siegermentalität. Dementsprechend bereitet er uns auf die Partien vor. In der Premier League startet jeder unter denselben Voraussetzungen. Aller haben eine zweimonatige Auszeit hinter sich. Ich denke, dass kein Team einen Vorteil hat. Wir müssen die Liga auf die beste Art und Weise zu Ende bringen. Nachdem ich im März dem FC Liverpool gratuliert habe, erhielt ich viel Kritik. Doch es gehört zum Sport, dass man dem Besseren gratuliert und beim nächsten Mal versucht, es besser zu machen. Die fanatischen Fans sehen so etwas nicht gerne. Doch das sind für mich wichtige Prinzipien.“
„Ich wollte schon immer mit Pep Guardiola arbeiten“
Nach dem offiziellen Angebot von Manchester City traf sich Gündogan persönlich mit Guardiola. Doch der Mittelfeldspieler hatte sich schon vorher entschieden. „Wir hatten uns bereits vor dem Angebot getroffen und uns unter vier Augen unterhalten. Er hat mir von seinen Plänen und Projekten erzählt. Das war für mich wichtig. Sein Spielstil gefiel mir ohnehin. Sei es beim FC Barcelona oder beim FC Bayern München. Ich habe den Mannschaften von Guardiola immer gerne zugeschaut. Da wir oft gegen die Bayern gespielt haben, wusste ich wie schwierig es ist gegen die Teams von Pep zu spielen. Ich habe immer davon geträumt mit ihm zusammen zu arbeiten. Nachdem das Angebot auf dem Tisch lag und wir uns getroffen hatten, musste ich nicht mehr lange überlegen. Ich hatte mich zwar im Voraus schon entschieden, doch das Treffen war mir wichtig. Obwohl ich mir in der Schlussphase der Saison eine Verletzung zugezogen hatte, wollte mich ManCity weiterhin haben. Das war für mich ein wichtiges Signal.“
„Vincent Kompany war der klassische Kapitän“
Für seinen ehemaligen Teamkollegen Vincent Kompany hatte der 29-Jährige ausschließlich lobende Worte übrig. „Tatsächlich gibt es heutzutage den klassischen Kapitän, der durch seine Worte und seinem Verhalten respektiert wird, nicht mehr. Aber Kompany war einer dieser Kapitäne. Er hat uns sehr geholfen. Leider haben sich unsere Wege getrennt. Wir haben einen sehr wichtigen Menschen verloren. Auch fußballerisch hat er uns sehr geholfen. Vor allem in der vergangenen Saison. Aber mit Vincent würde ich immer wieder gerne in einer Mannschaft spielen. Er ist ein sehr guter Mensch und guter Fußballer. Sein Amt als Kapitän hat er vorbildlich ausgeübt. Am Ende des Tages trifft jeder seine eigenen Entscheidungen, das muss man respektieren. Ich wünsche ihm auf seinem Weg viel Erfolg.“
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„Ich stelle gewisse Erwartungen an mich selbst“
Auf die Frage, ob Gündogan von den Medien nicht genug gelobt wird, antwortete er: „Dazu kann ich nichts sagen. Ich stelle an mich selbst gewisse Erwartungen. Da ich weiß, was ich drauf habe, haben die Worte von Außenstehenden keine große Bedeutung für mich. Nach den 90 Minuten analysiere ich meine Leistung kritisch und lege für mich selbst fest, ob ich ein gutes oder schlechtes Spiel gemacht habe. Offensivakteure kommen aufgrund ihrer Scorerpunkte natürlich mehr zum Vorschein. Allerdings möchte ich auch nicht im Vordergrund stehen. Mir reicht es, wenn mein Trainer mit mir zufrieden ist. Ich weiß, was ich auf dem Platz kann und was nicht. Ich möchte lediglich so gut es geht dem Team helfen. Das stellt mich zufrieden.“
„Die Niederlage gegen Newcastle United war entscheidend“
Die 1:2-Niederlage gegen Newcastle United war für City fast das Ende im Meisterschaftsrennen im vergangenen Jahr. Jedoch hätten die Punktverluste des FC Liverpool neue Energien freigesetzt. „Das Spiel war eigentlich entscheidend. Ich erinnere mich heute noch daran, wie es nach der Partie war. Wir saßen alle in der Kabine und waren traurig. Die Meisterschaft war kaum mehr zu holen. Am nächsten Tag spielte der FC Liverpool und mit einem Sieg hätten sie den Vorsprung auf zehn Punkte ausgebaut. Sie spielten jedoch nur Remis. Dadurch haben sich bei uns neue Energien freigesetzt. Zwar mussten wir die restlichen Spiele gewinnen, doch dazu hatten wir das nötige Selbstvertrauen und wir haben es geschafft. Wir sind mit einem Punkt Vorsprung Meister geworden. Hätten wir in dieser Phase nur einen Punkt verloren, wären wir Zweiter geworden. Ich weiß nicht mehr, wie diese Wochen vergangen sind, da wir auch sehr schwierige Gegner hatten. Beispielsweise haben wir gegen den FC Chelsea zu Hause mit 6:0 gewonnen oder im Old Trafford mit 2:0 gegen Manchester United. Wir sind ohne große Gedanken in die Partien gegangen und das war anscheinend der ausschlaggebende Faktor. Obwohl wir währenddessen aus der Champions League ausgeschieden sind, hat es uns nicht aus der Bahn geworfen. Meiner Meinung nach hätte es der FC Liverpool auch verdient. Doch es war eine sehr schöne Meisterschaft für uns. Es war das erste Mal, dass eine Mannschaft 97 und die andere 98 Punkte geholt hat. Beide Teams waren unglaublich.“
„In unserer Mannschaft benötigt man kein Englisch“
Das beste Verhältnis innerhalb des Teams hat der gebürtige Gelsenkirchener zu Sané und Oleksandr Zinchenko. „Am meisten sehe ich Leroy und Zinchenko. Leroy ist der einzige in der Mannschaft der Deutsch spricht. Wenn man Spanisch kann, kommt man in unserem Team gut aus. Englisch wird nicht wirklich benötigt. Die meisten Spieler sehe ich nicht oft, da sie Familie haben und außerhalb von Manchester wohnen. Mit Raheem Sterling, Gabriel Jesus und David Silva verstehe ich mich auch gut. Vielleicht, weil sie ebenfalls in der Nähe wohnen. Außerdem kommt mein Friseur immer aus Deutschland. Wenn sie wollen, lassen sie sich die Haare bei ihm schneiden. Aber er kommt auch nur für mich nach Manchester. Während der Coronakrise war das natürlich nicht möglich.“
„Ich bin in Manchester glücklich“
Auf die Frage, ob man aus seiner Vertragsverlängerung bis 2023 schließen kann, dass er sich in Manchester wohlfühlt, antwortete Gündogan: „Ich bin hier sehr glücklich. Die Liga ist sehr spannend und wir haben ein gutes Team. Ich muss immer mein Bestes geben um in der Startelf zu stehen. Zwar bin ich dadurch oft am Limit, doch das bewerte ich positiv. Wenn ich auf dem Platz stehe erwarte ich von mir immer das Maximum. Da meine Teamkollegen ebenfalls diese Einstellung haben, ist das für mich ein Muss. Da ich meinen Trainer, meine Teamkollegen und den Verein sehr schätze, musste ich bei der Vertragsverlängerung nicht lange überlegen. Ich habe noch einen Dreijahresvertrag. Es zeigt meiner Meinung nach, wie glücklich ich hier bin.“
„Wir möchten die Champions League gewinnen“
Mit Manchester City hat Gündogan fast alles gewonnen, bis auf die Champions League. „An dieser Stelle möchte ich schöne Grüße an Cüneyt Cakir rausschicken. Er hat die Partie gegen Tottenham geleitet. Natürlich haben sie am Ende die richtige Entscheidung getroffen. Für uns war das sehr dramatisch. Fernando Llorente hat dort den Ball mit der Hand ins Tor befördert. Selbst heute ist sich niemand sicher ob es ein Handspiel war oder nicht. In den letzten Jahren waren unsere Auftritte in der Champions League etwas unglücklich. Jedoch haben wir ein bestimmtes Niveau in diesem Team. Sollte diese Qualität beibehalten werden, spielen wir jedes Jahr um den Finaleinzug und um den Titel in diesem Wettbewerb. Wir haben vor dem Rückspiel gegen Real Madrid den Vorteil aus dem Hinspiel. Schließlich haben wir auswärts 2:1 gewonnen. Sollten die Partien ausgetragen werden, würden wir uns freuen. Wenn wir dieses Jahr den Titel holen, würde mich das sehr freuen.“
„Ich könnte mir einen Trainerjob in der Türkei vorstellen“
Seinen Lieblingsklub in der Süper Lig wollte Gündogan nicht verraten, doch einen Job in der Türkei kann er sich vorstellen. „Selbstverständlich verfolge ich die Süper Lig. Nicht jedes Spiel, aber ab und zu schaue ich mir einige Spiele an. Es gibt einen Verein, zu dem ich eine gewisse Sympathie pflege, doch diesen jetzt zu nennen wäre nicht richtig. Ich könnte in vier oder fünf Jahren in der Süper Lig spielen. Das würde ich sehr gerne machen. Allerdings muss ich nicht als Fußballer in die Türkei kommen. Ich kann mir auch sehr gut einen Job als Trainer vorstellen. Derzeit bin ich hier glücklich. Aber im Fußballgeschäft können sich die Dinge schnell ändern. Aber zur Türkei würde ich immer „Ja“ sagen. Mehmet Ekici ist ein sehr guter Freund von mir. Bei meinem letzten Besuch in Istanbul haben wir uns getroffen. Shinji Kagawa spielte damals bei Besiktas. Wir trafen uns alle gemeinsam auf einen Kaffee. Ich mag „Memo“ und schaue ihm gerne zu.“
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