Kaum nähert sich die Jahreswende, gerät die Europameisterschaft 2020 ins Visier. Die türkische Nationalmannschaft wird nun schon zum fünften Mal bei einer EM antreten, 1996 erfolgte die erste Qualifikation. 2004 und 2012 blieben die Tore zur Endrunde verschlossen, aber 2016 waren die Türken nach 2000 und 2008 wieder groß am Start. Jetzt erfolgt der nächste Sturm auf die EM-Trophäe, und das unter denkbar guten Vorzeichen.
So verlief die diesjährige Qualifikation für die Türkei
Die diesjährige Qualifikation verlief blendend, die Gegner aus der Gruppe H bereiteten der A-Nationalmannschaft kaum Schwierigkeiten. Unter dem neuen alten Trainer Şenol Güneş stand der 2:0-Auswärtssieg gegen Albanien gleich an erster Stelle, darauf folgte der Triumph über Moldawien und den amtierenden Weltmeister Frankreich: ein guter Grund, mit hoher Motivation weiter durchzustarten. Dass im nächsten Spiel gegen Island kein Punkt zu holen war, lässt sich als kleiner Ausrutscher sehen, danach folgten vier weitere Siege und zwei Remis. Insgesamt mussten die Türken in der gesamten Qualifikationsphase nur drei Gegentore hinnehmen – in diesem Sinne kann ihnen nur noch Belgien das Wasser reichen. Alle anderen Teams warteten nicht mit einer derart starken Defensive auf, die kaum einen Treffer ließ.
Die Europameisterschaft ist weit mehr als „nur“ Fußball
Die Europameisterschaft ist ebenso wie die Weltmeisterschaft längst weit mehr als „nur“ Fußball. Sie gilt als einzigartiger Wettbewerb zwischen den Ländern Europas, der vom hohen Norden bis in den tiefen Süden hohe Wellen schlägt. Zahlreiche Menschen zieht es beim Public Viewing vereint auf die Straße. Oft treffen dabei auch die unterschiedlichen Nationalitäten direkt aufeinander, um friedlich gemeinsam ihren Lieblingssport zu zelebrieren. Die EM bietet vielen Fans einen guten Grund, Geselligkeit zu leben und gemeinsam zu feiern. Seit mehr als zwanzig Jahren nehmen die Türken nun daran teil, als anerkannter Part Europas.
Wirtschaftsmotor Fußball: Marketing für mehr Umsatz
Die EM 2020 wird außerdem wieder eine riesige Marketingkampagne mit sich bringen: Das ergibt sich bei einem derartig hohen Zuschauerinteresse ganz von selbst. Vom kleinen Bäcker, der EM-Brötchen backt, über EM-Rabatte in Geschäften bis hin zu Tippspielen und dedizierten Videospielen bietet das neue Jahr wieder die gesamte Marketingladung. Profitieren werden zweifellos zahlreiche Branchen wie E-Commerce oder E-Sports. Die inzwischen Milliarden-Dollar schwere E-Sport-Branche wird es sich nicht nehmen lassen, mit Fifa-Turnieren weiterhin für sich zu trommeln und dabei neue Interessenten anzuziehen. Das Wachstum des E-Sports erscheint seit Jahren fast unkontrolliert, die Teilnehmerzahlen und Preisgelder explodieren förmlich. Und auch die Sportartikelhersteller werden von der EM maßgeblich profitieren: Trikots, Bälle, Schals und Schuhe sind während der heißen Phase erfahrungsgemäß enorm gefragt, das kurbelt den Umsatz an.
Die türkischen Top-Stars als Pfand für den Sieg 2020?
Zurück zum eigentlichen Thema, der türkischen Mannschaft im großen EM-Zirkus. Der Blick auf die aktuellen Schlüsselspieler untermauert die These, dass dieses Team sich ganz und gar nicht hinter den Top-Mannschaften verstecken muss.
Kaan Ayhan wird gewiss zu den Top-Akteuren der bevorstehenden Duelle gehören. In der Qualifikation war er wieder einmal als starker Verteidiger aktiv, nur in einem einzigen Spiel setzte er aus. Seine Passgenauigkeit liegt bei staunenswerten 90 Prozent und ihm gelang es sogar, aus der Verteidigerposition heraus drei Tore zu machen. Ihm hat die Nationalmannschaft das Führungstor gegen Frankreich zu verdanken, während er beim Rückspiel gegen denselben Gegner für den 1:1-Ausgleich sorgte.
Mert Günok gilt als standhafter Keeper, auch er pausierte nur bei einem einzigen Qualifikationsspiel. In den anderen neun Duellen zeigte er sich von seiner besten Seite und ließ nur drei Bälle durch – das sind 0,33 gegnerische Treffer pro Spiel. Nur wenige EM-Torwarte können sich mit dieser hervorragenden Statistik messen, darum gehört Günok auch zu den besten Spielern, die 2020 in den großen europäischen Wettkampf starten. Merih Demiral hat bei Juventus Turin viel zu tun, aber seiner Nationalmannschaft bleibt das junge Fußballtalent trotzdem treu. Der Trainer setzte ihn in der Qualifikation als Chef der Abwehr ein, die sich, wie bereits erwähnt, als erstaunlich stark erwies. An Demiral kommt so leicht niemand vorbei, sollte man meinen. Der 1,90 Meter große Hüne macht auch optisch einiges her, was sicherlich ein kleines Stück zu seinem Erfolg beiträgt.
Auf der Goldwaage: die Chancen des türkischen Teams
Noch steht die endgültige Aufstellung der türkischen EM-Mannschaft 2020 nicht fest. Die oben genannten Spieler werden aber mit großer Sicherheit dabei sein. Wenn es dann am 12. Juni zum Auftakt der Gruppenphase gegen Italien geht, haben die Jungs hoffentlich noch nichts von ihrer Durchschlagskraft verloren, die während der Qualifikation so oft zum Vorschein kam. Nach derzeitigem Ermessen stehen die Chancen jedenfalls gut, auch noch jenseits der Gruppenphase zum Zug zu kommen und vielleicht sogar das Finale zu erreichen.