Der deutsche Drittligist Türkgücü München hatte sich am vergangenen Dienstag nach nur fünf Partien (2S & 3N) wieder von Trainer Peter Hyballa getrennt (GazeteFutbol berichtete). Nach der 0:2-Niederlage bei Eintracht Braunschweig am letzten Spieltag war nach nur 64 Tagen Schluss für den Weltenbummler, der nun schon seinen 18. Klub hinter sich lässt. Aktuell stehen die Münchner Türken nach 16 Spieltagen mit 18 Punkten auf dem 16. Rang und sind mitten im Abstiegskampf. Der Abstand zu den Abstiegsrängen beträgt lediglich zwei Zähler. Doch eigentlich hieß die Marschroute seit dem Aufstieg in die dritte Liga im Sommer 2020 der Aufstieg in die 2. Bundesliga bis 2023. Auch Geschäftsführer Max Kothny hatte die Zielsetzung zu Beginn der laufenden Runde befeuert, obwohl man erst die zweite Saison im Profifußball spielt. In den letzten 1,5-Jahren hat Türkgücü neben Interimstrainer Andreas Pummer bereits mit vier verschiedenen Trainern gearbeitet. Alexander Schmidt saß 23 Partien (8S, 9U, 6N) auf der Trainerbank. Serdar Dayat kam auf neun Spiele (2S, 1U, 6N). Ebenfalls neun Begegnungen (3S, 3U, 3N) coachte Petr Ruman die Münchner.
Geduldsfaden reißt immer zu früh: Fünf Trainer in 1,5 Jahren
Viele Fans ärgerten sich damals über die Entlassung von Reiner Maurer im Mai 2020. Der Mindelheimer hatte den Klub mit einem 2,31-Punktedurchschnitt erfolgreich durch die Regionalliga Bayern geführt. Aus unerklärlichen beziehungsweise der Öffentlichkeit nicht bekannten Gründen wurde der Vertrag des aktuellen Co-Trainers des Bundesligisten FC Augsburg nicht verlängert. Schmidt, der auf den 61-Jährigen folgte, konnte mit dem Neuling im dritten Fußballoberhaus Deutschlands ähnlich gute Statistiken vorweisen. Trotz Tabellenplatz sieben nach 23 Spieltagen musste der 53-jährige Augsburger im Februar dieses Jahres ebenfalls seine Koffer packen. Stattdessen heuerte er knapp zwei Monate später beim Ligarivalen Dynamo Dresden an und führte diesen zur Meisterschaft und somit zum direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga. Also genau dahin, wo Türkgücü gerne sein würde. Die Zeit mit Dayat an der Seitenlinie war eher von den Debatten um seine „gefakte“ Trainerlizenz geprägt (zum Bericht). Mit Ruman, der in der Jugend von Greuther Fürth erfolgreich war, oder auch Hyballa hätte man langfristig etwas aufbauen können, so zumindest die Expertenmeinungen. Doch erneut riss der Geduldsfaden viel zu früh.
Volkan Uluc könnte der richtige Mann für TGM sein
Nun stehen Kothny & Co. vor ernsthaften Problemen, die sie in den nächsten Tagen aus der Welt schaffen müssen, damit man im deutschen Profifußball überleben kann. Hierbei könnte sich Trainer (UEFA-Pro-Lizenz) Volkan Uluc, der sich im Nordosten Deutschlands bereits einen Namen gemacht hat, als der richtige Mann am richtigen Ort für Türkgücü München erweisen. So könnte der sich mit 51 Jahren im besten Traineralter befindende Coach mit einem langfristigen Konzept die Münchner Türken zu einer vielversprechenden Zukunft führen.
Doch wer ist eigentlich Uluc und warum ist der gebürtige Istanbuler ein geeigneter Kandidat für den Drittligisten? Nach seinem Abitur studierte er Sportwissenschaften an der Technischen Universität in Berlin. Während seines Studiums legte er die UEFA-C- und B-Lizenz ab und begann somit seine nun schon 25-jährige Trainerlaufbahn. 2009 und 2017 folgten schließlich die A-Lizenz und die DFB-Fußball-Lehrer-Lizenz / UEFA-Pro-Lizenz, die er an der renommierten Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln mit der Gesamtnote 1,7 erwarb. In der Zwischenzeit hatte Uluc sowohl national als auch international Erfahrungen sammeln dürfen. Die mediale Aufmerksamkeit erlangte er, als er mit Viertligist FC Carl Zeiss Jena 2015 den damaligen Bundesligisten Hamburger SV unter der Regie von Bruno Labbadia mit einem 3:2-Sieg aus der ersten Runde des DFB-Pokals warf.
Hospitationen bei namhaften Klubs & Trainern: Bayern, Real Madrid & Barcelona
Insgesamt konnte sich der Fußball-Lehrer dreimal mit unterklassigen Teams für den DFB-Pokal zu qualifizieren. Vorausgegangen waren zwei Landespokalsiege in Thüringen (FC Carl Zeiss Jena) und ein Pokalsieg in Berlin (BFC Dynamo). Zu Beginn seiner Karriere hatte er zudem zweimal mit Spandauer SV Berlin den Klassenerhalt in der 3. Liga geschafft, ehe er anschließend FC Sachsen Leipzig 2001 in die Drittklassigkeit führte. 2010 durfte er sich vor den Teilnahmen im DFB-Pokal auch im Ausland probieren. Bei Shahin Bushehr im Iran verhinderte er innerhalb von sechs Monaten den Abstieg aus der ersten Liga und gewann darüber hinaus den Ligapokal gegen Rekordmeister Persepolis Teheran. Seine Ausbeute mit 1,95 Punkten pro Partie aus den letzten 200 Spielen sind nicht von schlechten Eltern. Ulucs Hospitationen in seinem Lebenslauf können sich ebenso sehen lassen. Beim FC Bayern München bekam er Einblicke in die Arbeit der Trainerlegende Giovanni Trapattoni. Später durfte der Deutsch-Türke bei Ajax Amsterdam über die Schulter des aktuellen niederländischen Nationaltrainers Louis van Gaal schauen. Neben Lucien Favre (Hertha BSC Berlin), Christoph Daum (Fenerbahce) und Unai Emery (FC Sevilla) nahm der 51-jährige Übungsleiter auch die Jugendarbeit des FC Red Bull Salzburg genauer unter die Lupe, wo der jetzige BVB-Coach Marco Rose am Werk war. Des Weiteren besuchte Uluc Klubs wie Real Madrid, FC Barcelona, Athletic Bilbao, Arsenal London, Tottenham Hotspur, AC Mailand, AS Rom, RB Leipzig, Benfica Lissabon und Zenit St. Petersburg.
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Warum es in München klappen könnte
Türkgücü München war für seine bisherigen Coaches mit Sicherheit ein sehr interessanter Verein. Als erstes Team mit „ausländischen Wurzeln“ im deutschen Profifußball stößt der Klub aus Bayern in der medialen Berichterstattung durchaus auf großes Interesse. Sie verfügen über viel Potenzial, das auch durch Präsident Hasan Kivrans finanzielle Kaufkraft tatkräftig unterstützt wird. Allerdings kann der Aufstieg in die 2. Bundesliga nicht durch einen stetigen Kaderumbruch erzwungen werden. Man müsste langsam aber sicher auf ein langfristiges Konzept setzen, um den sportlichen, aber auch finanziellen Zielen Schritt für Schritt näher zu kommen. Dazu benötigt es den richtigen Trainer, dem man auch die nötige Zeit geben muss. Zudem wäre es maßgebend und zwingend erforderlich, dass der neue Trainer bei der Kaderplanung gänzlich mit einbezogen wird. Denn nur so kann eine Vereins- und Spielphilosophie entstehen. Uluc könnte nicht nur aufgrund seiner fachlichen Kompetenzen für einen neuen Aufschwung in München sorgen. Ob im In- oder Ausland: Alle Klubs, bei denen der aktuelle Teamchef von CFC Hertha 06 tätig war, schwärmen insbesondere von der vertrauensvollen Atmosphäre im Verein, weil Ulucs große Stärke eben in der zwischenmenschlichen Kommunikation liegt.
Im Nordosten einen Namen gemacht: Vielleicht jetzt auch im Süden?
In den letzten Jahren war der 51-Jährige vor den Kameras und Mikrofonen immer wieder ein gefragter Mann. Egal ob es nun Interviews, Seminare oder Panels waren, in denen er im Mittelpunkt stand. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Fußball-Europa. So begleitete Uluc den ungarischen Fußballverband bei dessen Lehrgängen und gab den Traineranwärtern mehrere Seminare.
Nicht zu vergessen ist der türkische Migrationshintergrund von Uluc, der wiederum für eine gute Kommunikation zwischen Geldgeber Kivran und der sportlichen Etage sorgen könnte. Für Türkgücü wären die nächsten Ziele sicherlich der Klassenerhalt und im Anschluss darauf mittelfristig eine stabile Basis aufzubauen, um dann die oberen Tabellenregionen anzugreifen. Uluc erfüllt angesichts seines sehr ansehnlichen Werdegangs, aber auch aufgrund seiner zwischenmenschlichen Stärken die Voraussetzungen, um diese Ziele bei den Münchnern in Angriff zu nehmen. Im Nordosten Deutschlands hat sich der Deutsch-Türke bereits einen Namen gemacht. Vielleicht gelingt ihm das nun auch im Süden der Republik.
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