Besiktas lässt gegen Samsunspor erneut Führung liegen
Im Tüpras-Stadion kam Besiktas am 13. Spieltag der Trendyol Süper Lig gegen Samsunspor nicht über ein 1:1 hinaus und verpasste damit erneut einen wichtigen Heimsieg. Nach der Führung durch einen Elfmeter von Cengiz Ünder kassierten die Schwarz-Weißen abermals den Ausgleich nach einem individuellen Fehler. Ausgerechnet Torschütze Ünder patzte. Genau dieses Muster stellte Cheftrainer Sergen Yalcin nach der Partie in den Mittelpunkt seiner Analyse und sprach offen über die mentale Verfassung seiner Mannschaft. Der Punkt gegen den formstarken Aufsteiger fühlte sich für die Gastgeber wie eine Niederlage an, weil sie das Spielgeschehen über weite Strecken kontrolliert hatten, den Vorsprung aber nicht über die Zeit brachten.
„Wir geben dem Gegner immer wieder die Punkte zurück“
In seiner Pressekonferenz wählte Sergen Yalcin deutliche Worte und machte die Summe individueller Fehler für den Punktverlust verantwortlich. „Wir geben dem Gegner Punkte, nachdem wir in fast allen Spielen, die wir verloren haben, die Führung innehatten. Das ist der Knackpunkt“, erklärte der Coach und verwies darauf, dass sich dieselbe Geschichte schon im Derby gegen Fenerbahce wiederholt habe. Er betonte, dass solche Aussetzer kaum planbar seien: „Es gibt sehr individuelle Fehler. Solche Fehler können passieren, wir können nicht auf natürliche Weise Vorkehrungen dafür treffen.“ Nach dem Führungstor durch Cengiz Ünder habe er eigentlich mit einer stabilen Reaktion des Teams gerechnet, doch der nächste grobe Patzer leitete die Samsunspor-Chance zum Ausgleich ein. Aus Sicht des Trainers spiegelt das 1:1 weniger die Spielanteile wider, sondern vor allem die fehlende Konzentration in den Schlüsselmomenten.
Gebrochene Psychologie und ein Team ohne Sieggewohnheit
Besonders hart ins Gericht ging Yalcin mit der mentalen Verfassung seiner Mannschaft, die sich seiner Meinung nach über Jahre aufgebaut hat. „Unsere Psychologie ist kaputt. Wir hätten ein anderes Ziel haben können. Es tut uns leid. Wir wollten gewinnen. Wir hatten Pech. Ohne sie geht das nicht“, fasste er zusammen und verwies auf eine fehlende Siegermentalität. Der Trainer erinnerte daran, dass Besiktas seit vier bis fünf Jahren hinter den eigenen Ansprüchen zurückbleibt und sich nicht an die Ziele anpassen könne, die eine große Gemeinschaft wie Besiktas erwarte. Die Spieler würden kämpfen und in Phasen des Spiels auch überlegen agieren, doch nach Rückschlägen falle die Mannschaft zu schnell zurück. Nach Einschätzung von Yalcin ist es ein Prozess, in dem die psychologische Blockade nur mit Zeit, Kontinuität und klaren Strukturen durchbrochen werden kann.
Rafa-Silva-Krise, Transfers und strukturelle Probleme
Ein weiterer Punkt war die Frage nach der Situation von Rafa Silva und möglichen Auswirkungen auf die Kabine. Yalcin räumte ein, dass die Diskussionen um den portugiesischen Offensivspieler die Gruppe „teilweise“ beeinflusst hätten, schob aber nach: „Fußball wird auf dem Spielfeld gespielt. Nach dem Pfiff denken die Spieler an nichts anderes.“ Gleichzeitig stellte er klar, dass Transfers nicht seine Baustelle seien: Als er übernommen habe, sei die Transferperiode bereits vorbei gewesen und er versuche nun, mit dem vorhandenen Kader das Maximum herauszuholen. Er sprach offen von einem Vertrauensproblem, wenn Spieler nicht daran gewöhnt seien, Spiele zu gewinnen, und verwies auf die strukturellen Schwierigkeiten der letzten Jahre. Aus seiner Sicht braucht Besiktas mindestens eine bis zwei Transferperioden, um den Kader so umzubauen, dass er den Meisterschaftsansprüchen des Vereins wieder gerecht wird.
Yalcin lobt Engagement – sieht aber langen Weg vor sich
Trotz der scharfen Kritik an den Fehlern nahm Yalcin seine Spieler zugleich in Schutz und hob ihren Einsatz hervor. Die Mannschaft habe in vielen Phasen gut gekämpft und sich Chancen erarbeitet, allerdings auch gefährliche Situationen zugelassen, in denen der Gegner zu Möglichkeiten kam. Man trete vor, falle zurück, und genau dieses Auf und Ab zerre an der Psyche der Profis. Yalcin unterstrich, dass er von Beginn an erhebliche Defizite erkannt habe und Zeit brauche, um Besiktas wieder auf ein stabiles Level zu bringen. „Keine Probleme, die nicht gelöst werden können“, lautete sein Fazit, gleichzeitig machte er deutlich, dass kurzfristige Wunder kaum zu erwarten seien. Für die kommenden Monate kündigte er an, mit harter Arbeit, klaren Entscheidungen und gezielten Kaderkorrekturen Schritt für Schritt an einer neuen Identität zu bauen.
Samsunspor als laufstarker Gegner mit klarem Plan
Anerkennung gab es von Sergen Yalcin für den Gegner, der im Tüpras-Stadion mutig auftrat. Samsunspor habe sich ein gut zusammengestelltes Personal aufgebaut, sei laufstark und kämpfe über neunzig Minuten auf einem hohen Intensitätslevel. Yalcin hatte eigentlich eine noch schnellere und aggressivere Besiktas-Elf erwartet, musste nach dem Schlusspfiff aber einräumen, dass die Schwarz-Weißen aktuell durch „erhebliche Mängel“ ausgebremst würden. Diese Defizite wolle er Schritt für Schritt angehen, wisse jedoch, dass dafür mehrere Transferfenster nötig seien. So blieb am Ende ein Remis, das die Tabellensituation von Besiktas kaum verbessert und zugleich die vielen offenen Baustellen im Team schonungslos freilegt. Ebenfalls negativ für den 53-Jährigen dürfte der Umstand gewesen sein, dass einige Fans auf den Tribünen den Rücktritt von Yalcin forderten.


