In der Winterpause wechselte Oguzhan Özyakup nach sieben Jahren im Dress von Besiktas in die Niederlande zu Feyenoord Rotterdam. Gleich im ersten Spiel für seinen neuen Arbeitgeber erzielte der türkische Nationalspieler einen Treffer. Nun stand er der niederländischen Presse Rede und Antwort und sprach über seine Zeit in der Türkei und die Hintergründe zu seinem Wechsel.
„Ich habe eine schwere Zeit bei Besiktas hinter mir“
Der Mittelfeldspieler beschreibt sich selbst als sensibel und legt darauf Wert, in einem ruhigen Umfeld zu arbeiten. „Bei Feyenoord habe ich nach langer Zeit wieder mit freiem Kopf spielen können. Das hat mich sehr erleichtert und es war ein unglaublich gutes Gefühl. Die letzte Zeit bei Besiktas war für einen sensiblen Charakter wie mich sehr schwierig. Hier möchte ich mich zunächst wieder glücklich fühlen und guten Fußball spielen. Mit dem Wechsel nach Rotterdam habe ich auf einige Dinge verzichtet. Geld ist nicht alles im Leben. Viel wichtiger ist das Wohlbefinden. Trainerentlassungen und Vorstandswechsel sind in der Türkei gang und gäbe. Das hat mich sehr viele Nerven gekostet. Ich möchte lediglich gut trainieren, die Spiele absolvieren und ausschließlich an Fußball denken.“
„Innerhalb von zwei Jahren hat sich alles verändert“
Die zunehmende Kritik in den letzten Jahren findet der 27-Jährige ungerechtfertigt und bedauert das Verhalten der Fans ihm gegenüber. „Ich habe sieben Jahre lang das Trikot von Besiktas getragen. Das ist nahezu etwas Unmögliches. Wenn es im Verein schlecht läuft, wird mit den Fingern meistens sofort auf die Spieler gezeigt. Das macht einerseits Sinn, andererseits fand ich das nicht fair. Wir haben zwei Jahre in Folge die Meisterschaft gewonnen. Anschließend hat sich alles geändert. Aus dem Meisterteam sind lediglich Atiba Hutchinson und ich verblieben. Wenn es schlecht läuft, wird man von den Fans ausgepfiffen. Ich war dort, um eine schöne Zeit zu verbringen, doch es hat sich plötzlich alles ins Negative gewendet. Als ich in der UEFA Europa League traf, habe ich mir beim Torjubel die Ohren zugehalten. Das war keine schlaue Idee. Ich bin ein sensibler Mensch und habe alles für den Verein gegeben, obwohl ich monatelang kein Gehalt bekommen habe. Die Fans wussten das alles natürlich nicht. Dennoch waren diese Reaktionen verletzend.“
„Senol Günes und Pepe haben mir zum Wechsel geraten“
Bevor der Mittelfeldspieler seine endgültige Entscheidung traf, hielt er Rücksprache mit Nationaltrainer Senol Günes und seinem Ex-Teamkollegen Pepe. Beide rieten ihm zum Wechsel. „Ich musste die Last der vergangenen Jahre von meinen Schultern klopfen. Um zu meiner Form zurückzufinden, musste ich in einem ruhigeren Umfeld arbeiten. Das waren nicht nur meine Gedanken, denn ich habe mit Senol Günes gesprochen, der ebenfalls derselben Meinung war. Er kennt mich sehr gut. Wir haben vier Jahre zusammen gearbeitet. Den Erfolg waren wir ihm schuldig. Günes sagte mir, dass ich wechseln soll, wenn ich die Gelegenheit finde, in einem ruhigeren Umfeld zu arbeiten. Genau wie Pepe, dessen Ansicht ich aufgrund seiner Karriere sehr schätze. Ich bin zu Feyenoord gekommen, um an der EM 2020 teilnehmen zu können.
„Die Rückkehr in die Niederlande war seltsam“
Für den gebürtigen Niederländer war es nicht ganz einfach in das Land zurückzukehren, in dem er aufgewachsen ist. „Es war ein merkwürdiges Gefühl. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. In den Juniorennationalmannschaften der Niederlande habe ich auch gespielt aber nicht für die A-Nationalmannschaft. Die Menschen hier erinnern sich an mich durch die Tore, die ich in der Qualifikation zur EM 2016 gegen die Niederlande erzielt habe. Bevor ich zu Besiktas gewechselt bin, hatte ich Gespräche mit einigen niederländischen Klubs geführt, doch aufgrund meines Alters die Rückkehr nicht gewagt. Nach 19 Jahren wieder in meinen Freundeskreis zurückzukehren hat mir Angst gemacht. Ich hätte mich vielleicht nicht auf den Fußball konzentrieren können. Meine Mutter wollte, dass ich hier bleibe, doch mein Vater war anderer Meinung.“
„Die kleinen Unterschiede machen viel aus“
Zwar sieht Özyakup Gemeinsamkeiten zwischen seinem Ex-Klub und Feyenoord Rotterdam, doch die Unterschiede in der Arbeitsweise findet er vorteilhafter. „Feyenoord ist ähnlich wie Besiktas. Nach sieben Jahren ohne Meistertitel gewannen wir die Meisterschaft im Jahr 2016. Besiktas hatte im Vergleich zu Galatasaray und Fenerbahce weniger Meisterschaften. Bei Feyenoord ist es ähnlich. Doch für mich sind die Besiktas-Fans die treuesten. Die Unterschiede habe ich vom ersten Tag an bemerkt. Außer der fanatischen Einstellung der Fans gab es kleinere Unterschiede. In der Türkei werden gute Spieler generell verwöhnt. Alles was man nach dem Training liegen gelassen hat wird eingesammelt und wird für uns Spieler ins Stadion gebracht. Hier muss jeder seine Fußballschuhe selbst mitbringen und nach dem Spiel auch selbst putzen In den Niederlanden bestehen die Menschen weniger auf Prachtentfaltung.“