Der frühere DFB-Trainer und heutige U19-Coach von Borussia Dortmund, Michael Skibbe, hat in einem Interview unter anderem über sein kurzes Intermezzo bei Hertha BSC und über die aus seiner Sicht ausbaufähige Jugendarbeit und Zahlungsmoral im türkischen Fußball gesprochen.
„Eine Rückkehr nach Deutschland war in den vergangenen Jahren immer wieder in meinem Hinterkopf, hat sich aber einfach nicht ergeben. Ich muss aber zugeben: Nach meiner gescheiterten Etappe bei Hertha BSC wollte ich erst einmal weg aus Deutschland“, sagte Skibbe bei „Spox“ und „Goal“. Vor seinem erneuten Engagement beim BVB – Skibbe trainierte die Profimannschaft der Schwarz-Gelben von 1998 bis 2000 – war er drei Jahre lang für die griechische Nationalmannschaft verantwortlich.
Für die Hertha stand Skibbe von Dezember 2011 bis Februar 2012 gerade einmal in fünf Pflichtspielen an der Seitenlinie. Bilanz: Null Punkte. Der 54-Jährige musste für Interimslösung René Tretschok und Trainerlegende Otto Rehhagel Platz machen – am Ende der Saison stiegen die aus der 2. Liga zurückgekehrten Berliner erneut ab. „Es war ein Desaster, der absolute Tiefpunkt meiner Trainerkarriere“, verriet Skibbe.
Der Gelsenkirchener erklärte: „In der Vorbereitung auf die Rückrunde hat eigentlich alles funktioniert, das Klima innerhalb der Mannschaft und die Leistungen in den Testspielen waren prima. Der Kader hatte in der Breite trotzdem kein Bundesliga-Niveau und es war von Anfang an klar, dass wir gegen den Abstieg spielen würden. Nach ein paar Negativresultaten musste ich dann gehen. Das war sehr bitter.“ Wertvollste Profis waren damals die Offensivspieler Raffael und Adrián Ramos (beide mit jeweils 5 Millionen Euro Marktwert).
Skibbe kritisiert fehlenden Zukunftsplan bei Galatasaray – Klage gegen Eskisehirspor
Nach rund zweieinhalb Jahren bei Bayer Leverkusen war Skibbe 2008 in die Süper Lig zu Galatasaray Istanbul gewechselt. Im Verlauf seiner Karriere coachte er auch die Vereine Kardemir Karabükspor und Eskisehirspor. „In Deutschland wird viel mehr Geld und Energie in die Jugendarbeit gesteckt. In der Türkei hingegen kommen immer weniger Talente nach. Mein Ex-Verein Galatasaray hat vor kurzem ohne einen einzigen türkischen Spieler in der Startelf gegen Paris Saint-Germain gespielt. Das ist bedauerlich, weil in Sachen Kaderplanung kein klarer Zukunftsplan zu erkennen ist. Es zählt in den meisten Fällen nur die Gegenwart. Die meisten Stammspieler bei Gala sind bereits über 30“, so Skibbe.
In der Bundesliga liegt das Durchschnitts-Alter aller Vereinskader bei 25,6 Jahren, während die 517 Spieler der türkischen Erstligisten im Schnitt 27,3 Jahre alt sind. Tabellenführer Alanyaspor stellt dabei das älteste Team der Liga (29,1 Jahre), Galatasaray liegt in jenem Ranking auf dem fünften Rang (28,0 Jahre). Im Kader des 22-fachen Meisters stehen insgesamt zehn Ü30-Spieler, während im Gegenzug fünf Akteure bis 23 dabei sind.
In der Türkei habe Skibbe derweil „nicht nur einmal“ auf sein Gehalt warten müssen. „Eskisehirspor, meinen zweiten Verein in der Türkei, habe ich deswegen verklagt und verlassen. Gala hat mich sogar zwei Jahre lang nicht bezahlt, da fehlten mehrere hunderttausend Euro. Da ich zu diesem Zeitpunkt aber bereits bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag stand, war das für mich persönlich kein großes Problem. ‚Bitte verklag uns nicht, Trainer, du bekommst dein Geld‘, haben die Vorstände von Gala immer zu mir gesagt. Kurz bevor ich bei der Eintracht entlassen wurde, 2011 war das, haben sie dann mein ausstehendes Gehalt überwiesen. Das war sehr kurios.“
Skibbe: Bei Transfers wird in der Türkei nicht vernünftig gewirtschaftet
Eine Erklärung für die „schlechte Zahlungsmoral“ in der Türkei hatte der Übungsleiter auch parat. Diese sei „der Tatsache geschuldet, dass dort vor allem bei Spielertransfers häufig nicht vernünftig gewirtschaftet wird. Die Finanzströme sind teilweise kaum nachvollziehbar. Bei Gala war es immerhin so, dass die Vorstände sehr nette Menschen waren. Wir hatten damals ein gutes Verhältnis und treffen uns auch noch heute gelegentlich zum Essen in Istanbul. Deswegen habe ich sie nicht verklagt. Ich wusste, dass ich mein Geld irgendwann bekommen würde.“
Der im vergangenen Sommer zum BVB zurückgekehrte Coach hatte nach eigenen Angaben „viele Anfragen, auch aus dem Ausland und der 2. Bundesliga, aber als Anfang März die Anfrage von Lars Ricken (Nachwuchskoordinator; d. Red.) und Michael Zorc (Sportdirektor) kam, habe ich keine Sekunde gezögert.“
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst auf www.transfermarkt.de
Autor: PhilippMrq
Ein Kommentar
Wie recht Sie doch haben Herr Skibbe, Sie als Deutscher haben die Lage perfekt erkannt. Aber unsere Landsleute erkennen es nicht. Die haben den Knall noch nicht gehört. Unsere Liga hat nen Zuschauerdurchschnitt der 3ten Bundesliga, bei einer ähnlich großen Einwohnerzahl. Und die Finanzkraft von Sperrmüll. Für unsere Landsleute zählt nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit, denn Sie schmücken sich mit 20 Jahre alten Pokalen, irgendwelchen „haben seit 20 Jahren daheim nicht verloren“ oder Spielern (Söldner) die sie der Konkurrenz weggeschnappt haben.
Hängengeblieben.
PS: mich würde interessieren wievielen Trainern Fenerbahce noch Geld schuldet, bei unserem Trainerverschleiss sicher einem ganzen Dutzend.