Vor wenigen Tagen erschien das offizielle Verbandsmagazin „TamSaha“ des türkischen Fußballverbandes TFF. In der aktullen Ausgabe war auch ein interessantes Interview mit Berkay Özcan vom Bundesligisten VfB Stuttgart zu finden. Darin äußerte sich der 20-jährige offensive Mittelfeldspieler zu seiner Entwicklung und warum er sich für die türkische Nationalmannschaft entschieden hat.
Wie alles begann
Der gebürtige Karlsruher verriet, dass seine Eltern ihn als Kind ermutigt hätten, Sport zu treiben. Dadurch sei er in der Jugend des Karlsruher SC gelandet, von wo aus 2013 sein Transfer zur U17 Stuttgarts stattfand. Über den Amateurbereich stieg er Stufe für Stufe auf, bis er schließlich 2016 ins Profilager wechselte: „Meine Eltern sagten mir, ich solle den Sport ausüben, den ich möchte. Egal ob Basketball, Fußball oder einen anderen Sport. Hauptsache ich bin aktiv. So kam es schließlich, dass ich begann bei uns im Park Fußball zu spielen. Mit zehn Jahren wurde ich dann in der Juniorenmannschaft von Karlsruhe aufgenommen. Jedes Jahr konnte ich mich ein stückweit verbessern. Umso mehr ich mich entwickelte, desto mehr wurde ich von anderen Vereinen wahrgenommen.“
Disziplin der Schlüssel zum Erfolg
Einer der Haupterfolgsfaktoren für den Erfolg des deutschen Fußballs sei gemäß Özcan die Mentalität. Die Disziplin wäre dabei besonders entscheidend: „In Deutschland wird sehr großen Wert auf Disziplin gelegt. Das habe ich bereits mit zehn Jahren erfahren. Schon in diesem jungen Alter wird uns vermittelt, was es heißt, eine Mannschaft zu sein und wie hart man dafür arbeiten muss. Mit 14 bat ich meinen Trainer, mich offensiver einzusetzen, da meine Fähigkeiten in der Defensive beschränkter waren als im Angriffsspiel. Ich wollte am Offensivspiel zentral teilhaben. Mein Trainer setzte mich danach im Mittelfeld ein, wo ich ein Jahr lang spielte. Danach kam bereits mein Wechsel nach Stuttgart.“
Özcans Traum mit der Türkei
Warum er sich für die Türkei und nicht für Deutschland entschieden habe, beantwortete Özcan folgendermaßen: „In der U15 gab es nur ein Angebot für mich. Das kam von Deutschland. Und ich nahm diese Einladung an. In der U19 erhielt ich dann von beiden Verbänden eine Einladung. Aber schon davor hatte ich mich längst dafür entschieden, dass ich für die Türkei spielen möchte. Warum andere Spieler Deutschland vorziehen, ist der Umstand, dass das DFB-Team immer an den Welt- und Europameisterschaften teilnimmt, dort viele Spiele betreitet und regelmäßig im Finale steht oder den Titel holt. Mein größter Wunsch ist es jedoch, diesen besonderen Erfolg mit der Türkei zu erleben. Ich möchte mit der Türkei in einem WM- und EM-Finale stehen. Für die Türkei wäre dies das erste Mal und ich will ein Teil davon sein. Beim ersten Mal dabei zu sein, wäre etwas ganz Besonderes. Bei Deutschland ist dies nicht der Fall“, so Özcan, dem viele geraten hätten, eine Karriere beim DFB vorzuziehen.
Vertrauen auf Ex-Türkei-Legionäre
Zudem äußerte sich Özcan, dessen Familie aus Artvin stammt, zu den Chancen des VfB Stuttgart bezüglich des Klassenerhalts in der Bundesliga und seine eigene Entwicklung bei den Schwaben: „Ich tat mich anfangs sehr schwer beim VfB. In den ersten neun Spielen kam ich gar nicht zum Einsatz. Im zehnten Spiel durfte ich zehn Minuten ran. Unter unserem Trainer Tayfur Korkut lief es viel besser für mich. Er schenkte mir viel Vertrauen und wir sammelten viele Punkte und wurden am Ende Tabellensiebter. Wir verloren unsere Europapokalchance im allerletzten Moment. Es war aber eine gute Saison für uns. Aktuell läuft es nicht so gut. Ich kam nur zu drei Kurzeinsätzen. Auch in der Tabelle stehen wir nicht gut da. Aber mit zwei Siegen könnten wir uns schon wieder befreien. Wir haben viel Qualität im Kader. Ob Mario Gomez, Andreas Beck oder Insua. Alles sind hochkarätige Spieler. Alle haben in der Türkei gespielt, wie sie wissen. Sie alle sind froh, ihre Erfahrungen in der Türkei gemacht zu haben. Wir sind ein gutes Team. Hoffentlich können wir das bald zeigen und wieder nach oben klettern. Ich kämpfe ebenfalls hart um meinen Platz. Mein Vertrag läuft noch bis 2021. Ich muss noch viel an mir arbeiten. Eines Tages würde ich gerne in Spanien oder England spielen. Hoffentlich gelingt mir das.“
„Türkei-Schritt war richtig“
Abschließend sprach Özcan über den türkischen Nationaltrainer Mircea Lucescu und die Nationalelf: „Es ist wundervoll für die türkische Nationalmannschaft zu spielen. Das macht mich sehr stolz. Ich habe immer noch die Euro 2008 vor Augen. Das war damals so aufregend für uns. Mehmet Topal spielte zu dieser Zeit für die Türkei. Heute spielen wir gemeinsam. Ich spiele neben Cenk Tosun und vielen anderen tollen Spielern. Das sind schöne Erfahrungen. Unsere junge Generation muss geduldig und zielstrebig arbeiten. Viele geraten in Vergessenheit. Das soll mir und den anderen nicht passieren. Lucescu kam nach Deutschland, um die Spiele gegen Hertha BSC und Mainz 05 zu verfolgen. Dabei erklärte er mir, was seine Vorstellungen sind und wie er meine Möglichkeiten in der Nationalelf beurteilt. Es ist schön, dass er mich so stark im Blick hat. Er möchte die Mannschaft verjüngen. Ich soll ebenfalls ein Teil davon sein. Auch wenn ich für die U21 spiele, beobachtet er mich. Er hat viele Pläne für die junge türkische Elf. Ich habe es zu keinem Zeitpunkt bereut, mich für die Türkei entschieden zu haben. Denn hier erfahre ich viel Wertschätzung.“
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