Nach der Entlassung von Chefcoach Alexander Schmidt hat der deutsche Drittligist Türkgücü München in der vergangenen Woche mit Serdar Dayat einen Nachfolger präsentiert (GazeteFutbol berichtete). Der 51-jährige Türke unterschrieb bei den Bayern zunächst einen Vertrag bis zum Saisonende. Dayat blickt auf diverse Chef- und Co-Trainerstationen in der Türkei zurück, so bei Denizlispor, Manisaspor, Kasimpasa, Genclerbirligi und Samsunspor. Daneben war er tätig für den FK Etar aus Bulgarien und bei Vitesse Arnheim in den Niederlanden. Zuletzt war Dayat beim türkischen Spitzenklub Fenerbahce als Koordinator der Nachwuchsakademie aktiv. Aber bevor sich der Ex-Jugendspieler Türkgücüs überhaupt dem Sportlichen in Fußball-Deutschland widmen kann, holt ihn jetzt die Vergangenheit ein.
Kein Praktikum absolviert und Praktikumsbericht aus dem Internet?
Der gebürtige Istanbuler ist kaum zurück in Deutschland und schon gibt es Verwirrungen um seine Fußballehrer-Lizenz. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ meldeten sich Rudi Bommer und Peter Neururer im Jahr 2009 unabhängig voneinander beim DFB, weil Dayat nicht zu den geplanten Praktika erschienen ist. Für ein mehrwöchiges Praktikum soll er beim MSV Duisburg angemeldet gewesen sein. Allerdings soll er dieses unter Neururer nie angetreten haben. Des Weiteren sollen die beiden früheren Bundesliga-Trainer wohl auch behauptet haben, dass der ehemalige Nachwuchskoordinator der „Kanarienvögel“ seinen Praktikumsbericht aus dem Internet kopiert habe. Damals hielt es der DFB nicht für nötig, Dayat die Lizenz wieder zu entziehen.
Für Trainerlegende Neururer: „Absoluter Skandal“
Obwohl schon zwölf Jahre vergangen sind und darüber längst Gras gewachsen ist, schimpfte Trainerlegende Neururer gegenüber „fupa.net“ zuletzt mit den Worten: „Das war damals ein absoluter Skandal. Der ist gar nicht zum Termin für das Praktikum erschienen und hat dann noch einen Praktikumsbericht abgegeben. Das habe ich dann dem DFB gemeldet. Der hat alles verdient, aber mit Sicherheit nicht die Bundesliga-Trainer-Lizenz. Somit lag die Beschwerde vor und wenn der Verband das durchgehen lässt, dann ist das nicht meine Angelegenheit. Aber damit nehmen solche Leute anderen Leuten, die es regulär und richtig machen, die Arbeitsplätze weg.“
Auf Anfrage vom „Münchner Merkur“ nahm der DFB folgenderweise Stellung:
1. Keine Entziehung der Lizenz von Herrn Dayat durch das Präsidium des DFB gemäß § 29 Nr. 1. a) der Ausbildungsordnung des DFB.
2. Gegen Herrn Dayat wird kein sportgerichtliches Verfahren wegen des Verdachts eines unsportlichen Verhaltens eingeleitet.
3. Im vorliegenden Verfahren hat sich gezeigt, dass die Bestimmungen der DFB-Ausbildungsordnung und der APO hinsichtlich des Prüfungsverfahrens (z.B. Ableistung und Kontrolle des Praktikums, Anwesenheitspflicht) unzureichend sind. Die Bestimmungen sollten daher unter Einbindung des DFB-Trainer-Lehrstabs überarbeitet werden.
‚Zu 3: Entsprechende Änderungen und Präzisierungen der Ausbildungsordnung wurden im Anschluss vorgenommen und traten zum 1. Juli 2010 in Kraft.“
Dayat versteht die Welt nicht mehr – Türkgücü steht hinter Dayat
Vor zwölf Jahren bereits hatte der neue Türkgücü-Trainer zur Thematik Stellung bezogen. Der 51-jährige Übungsleiter sieht sich in der Opferrolle und soll eigenen Aussagen zufolge nicht die Chance erhalten haben Einblicke beim MSV Duisburg zu bekommen, da der Klub ihm das Praktikum verweigert haben soll. In der Pressekonferenz am vergangenen Freitag vor dem Debüt gegen den FSV Zwickau hatte Dayat nur ein müdes Lächeln für die Anschuldigungen übrig: „Meine Lizenz wurde jetzt über zwölf Jahre immer verlängert. Ich habe damit international gearbeitet und es war nie ein Problem. Ich verstehe nicht, wieso es jetzt wieder hochgekocht ist.“ Zu den Vorwürfen äußerte sich jüngst auch sein neuer Arbeitgeber Türkgücü München in Person des Geschäftsführers Max Kothny: „Serdar Dayat besitzt eine Fußballlehrer-Lizenz. Diese hat er rechtmäßig vom DFB erhalten. Mehr gibt es zu dem Thema nicht zu sagen.“ Indes gelang dem Drittligisten im ersten Spiel unter der Leitung Dayats ein Last-Minute-Remis. Trotz einem späten Gegentreffer zwei Minuten vor Schluss war es wieder einmal Ex-Nationalspieler Sercan Sararer, der in der zweiten Minute der Nachspielzeit für den Ausgleich sorgte.