Die türkische Trainerlegende Yilmaz Vural trat beim TV-Sender „Haber Global“ im Rahmen der von Buket Aydin moderierten Talkshow „Yüz Yüze“ auf und gab dabei interessante Einblicke in den türkischen Fußball. Dabei ließ der mittlerweile 69-jährige Vural Folgendes vermelden: „Ich habe bereits überall in der Türkei als Trainer gearbeitet. Ich besitze deshalb ein breitgefächertes Wissen und habe Erfahrungen über sämtliche Provinzen der Türkei. Ich habe knapp über 30 verschiedene Teams trainiert. 38 Verträge habe ich unterschrieben. Ich glaube, dass das ein weltweiter Rekord ist, nicht nur in der Türkei. Ich kenne niemanden, der vergleichsweise dasselbe erlebt und durchlaufen hat. Daher glaube Ich, dass ich mich mittlerweile überall so gut auskenne, dass ich in keiner Stadt verhungern würde. Egal wo ich hinreise, treff ich auf Leute, die ich kenne oder die mich kennen. Ich schätze die Wärme unserer türkischen Mitmenschen. Aber ich bin enttäuscht darüber, dass sie mir keine Chance mehr geben, sie schätzen mich und mein Dasein nicht. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ich jeder Mannschaft helfen kann.“
Die türkische Fußball-Mentalität und das System
„Die Verantwortlichen von türkischen Fußballvereinen können unmöglich glücklich sein. Wie soll es denn auch anders sein? Sie bieten den Trainern keine Umgebung, in denen sie sich wohlfühlen könnten. Die wirtschaftliche Situation der Vereine ist katastrophal. Die türkischen Fußballer verfügen nicht über die technischen und qualitativen Kapazitäten, um im Alleingang Spiele entscheiden zu können. Es gab in der Türkei keinen Verein, mit dem ich mich zu hundert Prozent identifizieren konnte. Ich wurde nirgendwo glücklich. Es gab auch Vereine, die mir knapp ein Jahr lang kein Geld ausgezahlt haben. Die Vorstandsmitglieder wissen nicht, wie eine gute Buchhaltung auszusehen hat. Darüber hinaus verfügen sie über keine Management-Kompetenzen und können kein Team führen.“
Die Tatsache, dass kaum türkische Trainer ins Ausland gehen
„Viele Menschen haben mich gefragt, wieso ich nicht ins Ausland gegangen bin. Die eigentliche Frage sollte aber sein, ob dieses System in der Türkei mir die englische Sprache beigebracht hat? Ich bin mit meinem Sohn nach Deutschland gezogen, dort hat er sich weitergebildet und auch fußballerisch einiges dazu gelernt. Wie soll man heutzutage im Fußball-Business erfolgreich werden, wenn man die Sprache nicht kann? Die Leute sollten lieber hinterfragen, weshalb das System nichts Gravierendes dazu beisteuert, dass die türkischen Trainer sich entwickeln können.“
Die Behandlung von Arda Turan
„Wir haben Arda Turan sehr alleine gelassen. Wir haben ihm in der Türkei keine Disziplin beigebracht. Er hat einen Tag vor den Spielen zu Hause eine Party geschmissen und hatte jede Menge Besuch. Ich will es ihm nicht verübeln, er wusste es nicht besser. In der Türkei lernt man keine Disziplin. Dass Arda seine Karriere gegen Ende nicht kontrollieren konnte, war nicht alleine vom ihm selbst verschuldet. Es hatte auch viel mit seinem Umfeld und seinem Privatleben zu tun.“
Top-Talent Arda Güler
„Ich bin sehr glücklich mit der Entwicklung von Arda Güler. Ich bin sehr zufrieden damit, wie Fenerbahce sich um ihn kümmert und ihn nicht ins kalte Wasser schmeißt. Sowohl Jorge Jesus als auch Ali Koc handeln hierbei vorbildlich. Er hat einen Mentalcoach und einen Lehrer an seiner Seite, der ihm regelmäßig Englisch beibringt.“
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Trainerkollege Fatih Terim
„Die türkischen Medien schätzen Fatih Terim nicht. Ich verstehe nicht, warum. Gibt es eine Reglung, die besagt, dass ein Trainer sein ganzes Leben erfolgreich sein muss? Es ist verständlich, dass Fatih Terim enttäuscht und traurig ist. In der Türkei wird man bei Misserfolg wortwörtlich von der Presse zerstört. Ich habe mir seine Netflix-Dokumentation angeschaut. Ich finde, dort waren zu positive Aspekte dargestellt. Er hätte ruhig auch auf die negativen Aspekte eingehen können.“
Manipulation im türkischen Fußball
„Überall, wo viel Geld im Spiel ist, ist Manipulation möglich. Wir sollten uns lieber darum kümmern, dass ehrliche Menschen erzogen werden, die nicht mit solchen Gedanken spielen.“
Fenerbahce-Präsident Ali Koc
„Ali Koc hat mit der Entscheidung rund um Jorge Jesus sehr vieles richtig gemacht. Er hält sich im Hintergrund auf und das gefällt mir. Er lässt Jesus Zeit und gibt ihm die Möglichkeit, sein Spielsystem zu implementieren. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass sich Vereinspräsidenten mehr im Hintergrund aufhalten sollten.“
Schiedsrichter Cüneyt Cakir
„So wie ich ihn kenne, ist er ein sehr geradliniger Mensch. Ich mag ihn wirklich sehr. Ich verstehe die ganze Kritik an seiner Person nicht. Er ist der erfolgreichste Schiedsrichter der türkischen Fußballgeschichte.“
Seine Gebete
„Ich bete jeden Tag zu Gott, damit ich die Möglichkeit bekomme, Trainer der türkischen Nationalmannschaft oder der drei großen Istanbuler Vereine zu sein. Bislang wurde mir diese Möglichkeit verwehrt. Man sollte den Glauben nie aufgeben, es wird sich hoffentlich irgendwann diese großartige Gelegenheit ergeben.“
Ein Kommentar
In den letzten 10 Jahren hatte ich mir gewünscht, dass er mal die Zügel von FB übernimmt. Ich meine damit nicht anstatt JJ, aber als interimstrainer nach Cocu, Perreira, Koç oder so. Er wünscht es sich schon so lange, dass er sich bestimmt mehr angestrengt hätte als die anderen.
Bald ist er leider zu alt und schläft beim zuschauen wie Aragones ein.
Und dieses leidige Thema Terim. Egal was er dem Fußball gebracht hat, ist er einfach kein Mensch für mich, den man erwähnen sollte. Seine Doku werde ich auch nie anschauen. Leute, die mitten auf der Straße zur Bedrohung eine Waffe ziehen, dürfen einfach nicht gehuldigt werden. Gleiches gilt für Arda, der die Frau eines anderen anbagert. Durch Berühmtheit darf man die Menschlichkeit der Personen nicht übersehen. Andere bleiben auch auf dem Teppich, obwohl sie das 10fache an Interesse bekommen.