Trabzonspor-Neuzugang John Obi Mikel spricht im Interview in der Oktoberausgabe der vereinseigenen Zeitschrift über die Gründe für seinen Transfer zum Schwarzmeer-Klub, die neue Umgebung und über seinen Werdegang. Der Nigerianer möchte bei seiner neuen Herausforderung weiterhin Erfolge feiern und die zahlreichen Spieler aus der eigenen Jugendabteilung dabei unterstützen, im Profibereich Fuß zu fassen.
„Ogenyi Onazi und Anthony Nwakaeme haben mir zu diesem Transfer geraten“
Über den Ablauf seines Transfers zu Trabzonspor erklärte Mikel: „Als ich das Angebot aus der Türkei erhielt, habe ich mich bei meinen Nationalmannschaftskollegen Onazi und Nwakaeme über den Klub und die Stadt informiert. Sie haben mir von der Situation aus der letzten Saison berichtet und verdeutlicht, der Verein würde von ihrer Leidenschaft und dem Erfolgshunger leben. Anschließend habe ich den Klub-Boss Ahmet Agaoglu getroffen. Nachdem er seine Pläne näher beleuchtet hat, war ich vom Wechsel zu Trabzonspor überzeugt.“
„Ich versuche mich an das neue Umfeld zu gewöhnen“
Auf die Frage, wie er den Trainerstab und sein neues Team betrachtet, berichtete der Nigerianer auch über die neuen Trainingsmethoden: „Als ich in Trabzon ankam habe ich eine große Familie vorgefunden, die in sich zusammengewachsen ist und gerne zusammenarbeitet. Zu Beginn hatte ich persönlich Probleme, da ich mich an eine neue Kultur und ein neues System gewöhnen musste. Dieser Prozess nimmt einige Zeit in Anspruch. Allerdings wurde ich von allen sehr gut aufgenommen. Wir verfügen über einen hervorragenden Trainerstab. Die Mannschaft ist sowohl charakterlich als auch vom Talent her oberstes Niveau. Es gab, wie bereits erwähnt, in der Anfangszeit Komplikationen bei der Eingewöhnung. Hier wird das Training anders gestaltet. Daniel Sturridge und ich versuchen uns den neuen Methoden anzupassen.“
„Die Nachwuchsspieler sind sehr talentiert“
Die Beziehung zu seinen neuen Mitspielern und die Qualität der Nachwuchsspieler beschrieb der 89-malige Nationalspieler Nigerias wie folgt: „Das erste was ich realisiert habe, war das Talent der jüngeren Spieler. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass das Konzept des Klubs darin besteht, Spieler aus der eigenen Jugend auszubilden und ins Team zu integrieren. Mit meiner Erfahrung versuche ich sie zu unterstützen und gebe ihnen Tipps. In den ersten Trainingseinheiten habe ich über Abdülkadir Ömür gestaunt. Sein unglaubliches Talent ist mir sofort aufgefallen. Daher ist sein Ausfall sehr bedauernswert. Jedoch weiß trotz seiner Verletzung die gesamte Fußballwellt, welch talentierter und leidenschaftlicher Fußballer er ist.“
„Den Erfolg der vergangenen Saison zu übertreffen ist meine Mission“
Auf die Frage, mit welcher Mission er zu Trabzonspor gekommen ist, antwortete der 32-Jährige: „Meine Mission bei Trabzonspor ist ganz klar. In der letzten Saison war das Team erfolgreich. Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft in diesem Jahr mit meinem Beitrag zu einem größeren Erfolg zu führen. Allerdings ist es schwierig, sich in eine solche Mannschaft reinzuspielen. Anfangs hatte ich diesbezüglich Probleme. Mittlerweile klappt das ganz gut und ich fühl mich als ein wichtiger Bestandteil des Teams. Wir kennen die Erwartungen der Fans und unseres Trainers. Mit meiner Erfahrung und meiner Leistung möchte ich diese Erwartungen erfüllen.“
„Wir benötigen noch etwas Zeit“
Die Chancen seines Teams bewertete Obi Mikel national und international unabhängig und voneinander getrennt: „Auch wenn es sich um sehr ähnliche Wettbewerbe handelt, muss man sie getrennt betrachten. Während die Europa League ein kurzzeitiger Wettbewerb ist, handelt es sich beim Ligabetrieb um einen langfristigen Wettkampf mit mehreren Phasen. Für uns hat dieser Abschnitt aus meiner Sicht eher negativ begonnen. Wenn neue Spieler verpflichtet werden, nimmt die Eingewöhnungsphase einige Zeit in Anspruch. In dieser Saison haben Spieler, die wichtige Positionen belegen, langwierige Verletzungen erlitten. Das ist unser größtes Unglück. Auch aus diesem Grund benötigen wir noch etwas Zeit, bis alle Puzzleteile zusammenfinden.“
„Mir gefällt der Druck von den Fans“
Während der Nigerianer die Qualität der Süper Lig aufgrund der getätigten Transfers als hoch einstufte, gefalle ihm zudem die fanatische Einstellung der Fans: „Unsere Fans sind unbeschreiblich. Sie sorgen für eine großartige Atmosphäre in den Heimspielen und sind oft der ausschlaggebende Faktor. Ich sehe in Trabzon, dass viele Fans den Fußball leben. Das bedeutet gleichzeitig Druck für den Spieler dieser Mannschaft. Ich kann sehr gut mit Druck umgehen und mir gefällt diese Situation, weil sie mich noch mehr motiviert. In meiner ganzen Karriere habe ich nie Entscheidungen getroffen, die mich innerhalb meiner Komfortzone halten. Mir gefällt die Kritik. Nur wenn man mit Druck umgehen kann, wird man erfolgreich. Das ist meiner Meinung nach der ausschlaggebende Grund, wieso ich zwölf Jahre beim FC Chelsea spielen konnte.“
„Mit 15 Jahren bin ich nach Europa gegangen“
Der 32-Jährige traue sich gerne aus seiner Komfortzone heraus. So begann auch seine Karriere als Fußballer: „Einfach habe ich es mir noch nie gemacht. Ohne großartig in der afrikanischen Liga zu spielen, bin ich im Alter von 15 Jahren auf Empfehlung des FC Chelsea nach Norwegen zum FK Lyn Oslo gewechselt. Die Premier League ist eine schwierige Liga. Dort sofort zu spielen, ist nahezu unmöglich. Man muss zudem einige Voraussetzungen erfüllen. Um mich auf diese Herausforderung vorzubereiten und den europäischen Fußball kennenzulernen, bin ich im frühen Alter nach Norwegen gegangen. Im Jahr 2006 hat mich der FC Chelsea schließlich für eine Ablösesumme von 20 Millionen Euro verpflichtet. In London habe ich eine schöne Zeit verbracht, auf die ich gerne zurückblicke. Anfangs hatte ich mit dem Tempo in der neuen Liga Probleme. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, hat es mir großen Spaß bereitet.“
„Die Entführung meines Vaters hat uns allen große Sorgen bereitet“
Michael Obi wurde im Jahr 2011 und 2018 entführt. Für John Obi Mikel war dies keine einfache Zeit: „Dies waren für mich und meine Familie sehr schwierige Zeiten. Beim ersten Mal habe ich die Nachricht vor einem Ligaspiel erhalten. Die Frage vom Trainer, ob ich spielen möchte, habe ich bejaht, da dies mein Job ist. Innerlich habe ich geweint, selbst während des Spiels kamen mir die Tränen. Allerdings konnte ich meinen Vater nur durch Zahlung von Lösegeld befreien und dieses Geld verdiene ich durch den Fußball. Beim letzten Vorfall war ich bei der Nationalmannschaft. Das Spiel bei der Weltmeisterschaft gegen Argentinien stand bevor. Um die Motivation der Mannschaft nicht negativ zu beeinflussen, habe ich alles für mich behalten. Schließlich habe ich erneut Lösegeld gezahlt um ihn zu befreien. Es ist jedoch sehr bedauernswert, dass ich vor einem derart wichtigen Spiel so etwas durchmachen musste.“