Besiktas-Nachwuchshoffnung Ridvan Yilmaz gab dem türkischen Verbandsmagazin „Tam Saha“ ein umfangreiches Interview. Dabei beschrieb der 19-Jährige unter anderem seine Ausbildung in der BJK-Jugendabteilung und wie er den Sprung zu den Profis erlebte. Außerdem verriet der junge Linksverteidiger, dass die Premier League sein Karriereziel als Fußballer sei. Allerdings wolle er zunächst viele Jahre erfolgreich für Besiktas spielen. Vorbild diesbezüglich sei Necip Uysal, der wie er aus der Jugend des 15-maligen Süper Lig-Meisters stammt.
Yilmaz bemerkte die Veränderung in den Jugendstufen hin zum Profi-Fußball
Seine Jugendausbildung bei den Istanbulern schilderte Yilmaz wie folgt: „Die Nachwuchsabteilung verfügt über sehr gute Trainer. Ich bin seit elf Jahren bei Besiktas. Ich kann sagen, dass die Akademie aktuell viele Talente fördert. Als ich zu Besiktas kam, war ich sieben. Das Trainingsgelände in Fulya ist sehr schön. Nach einer gewissen Zeit bekamen wir Ernährungsberater und Psychologen, die uns in unserer Entwicklung unterstützten. Wir erhielten viel Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich denke, die Trainer waren allen gegenüber fair. Ich bin zwar heute hier, doch auch ich fristete von Zeit zu Zeit die Reservistenrolle. Bei der U13, U14 und U15 steht der Sport im Vordergrund. Aber ab der U16 und vor allem mit der Nationalmannschaft spürt man die Verantwortung professionell zu arbeiten. Zu jener Zeit gab es Mitspieler von mir, die mehr im Rampenlicht standen. Heute spielen sie in der zweiten oder dritten Liga. Aus meiner Zeit gibt es nur mich, der in der Süper Lig spielt. Man muss immer konstant sein. Wenn man drei Spiele gut und zwei schlecht spielt, gewinnt man in den Augen der Verantwortlichen und allen anderen keinen Wert. Man muss eine konstante Linie haben. Ich darf niemals unter 70 Prozent fallen. Darum kommt Erfolg nur, wenn Konstanz da ist.“
Die ersten Süper Lig-Schritte
An seinen ersten Kurzeinsatz in der Liga am 8. April 2019 beim 7:2 gegen Caykur Rizespor erinnere sich der technisch starke Linksfuß noch sehr gut. Damals durfte Yilmaz zwei Minuten vor dem Schlusspfiff erstmals Süper Lig-Luft schnuppern: „Es ist unmöglich, sich nicht an diesen Augenblick zu erinnern. Damals trainierte uns noch Senol Günes. Ich danke ihm. Trotz meines jungen Alters und meiner eher schmächtigen Statur und Physis behielt er mich in der A-Mannschaft. Nach unserem fünften Treffer schickte mich unser Coach zum Warmmachen. Ich wurde immer ungeduldiger und schaute ständig rüber zu meinem Trainer. Er rief mich zu sich und ich sollte eigentlich in der 82. Minute eingewechselt werden. Aber das spielt ruhte einfach nicht. ‚Was bist Du für ein Pechvogel, dass Spiel kommt nicht zum Stillstand‘ sagte er zu mir. Da ruhte das Spiel endlich und ich wurde eingewechselt. Die Atmosphäre nach meiner Einwechslung war einfach unglaublich. Es hat mich stolz gemacht, mit so vielen erfahrenen Profis gemeinsam auf dem Feld zu stehen. Ich bedanke mich nochmals herzlich bei Trainer Senol Günes.“
Trainer schenken Youngster Vertrauen
In der vergangenen Saison kam der Perspektivspieler auf sechs Einsätze in der Liga und einem im Pokal. Dazu teilte er sich seine Position mit einem erfahrenen Spieler wie Caner Erkin. Der durchwachsene Saisonbeginn sei kein Indikator für den Verlauf der Spielzeit, betonte Yilmaz zudem: „Letzte Saison machte ich meinen ersten Einsatz gegen Göztepe. Meine Jugendtrainer unterstützten mich sehr. Dann kam die Pandemie-Pause. Danach sagte mir Trainer Sergen Yalcin, dass er mich spielen lassen wird. Dafür danke ich ihm. Unsere Trainer Murat Sahin und Ozan Köprülü beschäftigten sich ganz aus der Nähe mit mir. Ich wollte mich vom Etikett des Nachwuchsspielers aus der eigenen Jugend befreien. Umso mehr ich spiele, desto mehr werde ich mich entwickeln und Erfahrung sammeln. Wenn ich die Besiktas-Gemeinde zufrieden stimme, bin ich glücklich.“
Besiktas wird im Titelrennen angreifen – Bewunderung für Caner Erkin
„Als Team sind wir noch nicht eingespielt. So wirkt es zumindest derzeit. Die Fans erwarten viel von uns. Wir sind ein großer Verein. Aber ich weiß, dass gute Ergebnisse kommen werden. Wir brauchen nur etwas Zeit und werden erneut um die Tabellenspitze mitspielen. Es kamen viele neue Transfers. Die Länderspielpause tat uns gut. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu Caner Erkin. Er sagte mir immer, was ich tun und worauf ich achten muss. Außerhalb des Spielfeldes erzählte er mir oft von seinen Erfahrungen. Caner Erkin ist einer der besten Linksverteidiger des türkischen Fußballs. Vielleicht ist der sogar der Beste. Ich habe viel von ihm gelernt. Vor allem sein Ehrgeiz dient mir als Vorbild. Als guter Linksverteidiger muss man über den entsprechenden Spiel-IQ und die nötige Intuition verfügen. Gerade bei der Intuition und im Lesen des Spielgeschehens sehe ich meine ausgeprägten Fähigkeiten. Die Physis ist sehr wichtig. Doch, wenn man mit Spielverständnis Defizite wettmachen kann, ist die Physis kein Problem. Ich erinnere mich an keinen Spieler, der mich nur durch seine Physis vor große Probleme gestellt hat.“
Junge Garde kommt
Seit Necip Uysal schaffen endlich wieder BJK-Jugendspieler den Sprung in den A-Kader. Dies kommentierte Yilmaz folgendermaßen: „Im Moment gibt es viele junge Spieler im Team. Ersin (Destanoglu), Kartal (Kayra Yilmaz) oder Erdogan (Kaya) als Beispiel. Wir verstehen uns sehr gut. Es ist schön mit der A-Mannschaft zu trainieren und in diesem Team zu sein. Wir junge Spieler unterstützen uns gegenseitig. Aus unseren Fehlern versuchen wir zu lernen. Der Hauptgrund dafür, dass ich heute hier bin, sind meine Mitspieler. Hätten sie mir in gewissen Situationen den Ball nicht zugepasst und mich unterstützt, wäre ich vielleicht nicht hier.“
Milli Takim-Stolz ein besonderes Feeling
Für die U16, U17, U18, U19 und U21 der Türkei gespielt zu haben und zu spielen, sei ein großartiges Gefühl: „Es ist ein wunderbares Gefühl. Um für die Nationalmannschaft zu spielen, habe ich sehr hart gearbeitet. Ahmet Ceyhan berief mich als erster in den Nationalkader. Davor kamen große Auswahlgruppen von 200 Spielern zusammen. Aber ich war damals nie dabei. Für das Länderspiel in Antalya gegen Italien hat mich Trainer Ahmet Ceyhan in den Kader berufen. Ich hatte zu dieser Zeit Informatikunterricht in der Schule. Mein Freund Kerem sagte zu mir: ‚Der Kader ist raus, lass uns nachschauen‘. Doch ich erwartete nicht nominiert zu werden. Schließlich ist es ein Spiel gegen Italien. Als ich meinen Namen sah, begann ich vor Freude zu weinen und umarmte Kerem. Ich rief meine Mutter und meinen Vater an. Sie freuten sich sehr. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl das Milli Takim-Trikot zu tragen. Ich kann es nicht in Worte fassen. Die Nominierung für die A-Mannschaft ist nicht so weit weg. Wenn man gut spielt, ist alles möglich. Ich möchte Stammspieler bei Besiktas und in der Nationalelf werden.“
Mängel in der Ausbildung und Athletik in der Türkei
Yilmaz erklärte, dass es zwischen der Ausbildung in Europa und und in der Türkei weiterhin große Unterschiede gäbe und der türkische Fußball hier weit zurückliege: „Die Türkei hängt als Land im Fußball leider hinterher. Die Spieler in Europa absolvieren die Trainingseinheiten und Methoden, die ich jetzt durchlaufe, vielleicht schon mit 13. Wann habe ich erstmals Fitness- und Krafttraining erlebt? Nach meinem 16. Lebensalter. Die europäischen Jugendspieler beginnen schon ab zehn Jahren mit dem Core Training. Zwischen uns gibt es große Unterschiede. Ihre Physis ist uns meist deutlich überlegen. Doch nur mit einer guten Physis wird man kein guter Spieler. Griezmann ist ein mittelgroßer Spieler. Es gibt auch noch kleinere. Aber nur weil ich kleingewachsen bin, heißt das nicht, dass ich körperlich schwach bin. Es gibt viele Spieler wie Caglar (Söyüncü) oder Cengiz (Ünder) unter uns, die den Sprung ins Ausland geschafft haben. Burak (Yilmaz) gelang dies mit 35. Es ist nicht leicht, für einen Verein wie Lille zu spielen. Normalerweise würde niemand von dort einen Spieler in diesem Alter einfach so verpflichten. Doch Burak Abi hat es geschafft.“
Idol Marcelo – Bewunderung für Altersgenosse Davies
Die aktuellen Ligaspiele ohne Zuschauer im Stadion würde die Motivation und Konzentration negativ beeinflussen, unterstrich Yilmaz. Sein Vertrag bei Besiktas laufe noch bis 2023. Seine Karriere bei Besiktas soll möglichst erfolgreich verlaufen: „Letztes Jahr habe ich einige Spieler für Besiktas bestritten. Langsam beweise ich mich Schritt für Schritt. Zuletzt habe ich gegen Genclerbirligi gespielt. Ich möchte das Trikot erobern und nicht mehr abgeben. Egal wer kommt. Natürlich träume ich auch von Europa. Wenn ein Angebot kommt, werde ich darüber nachdenken. Seit meiner frühesten Kindheit hege ich den Wunsch im Ausland zu spielen. Hoffentlich kann ich vor den Besiktas-Fans spielen und dann ins Ausland wechseln. Mein größtes Ziel ist es in England zu spielen. Es ist eine Liga von höchster Qualität. Aber bevor ich nach England gehe und nur auf der Bank sitze, kann ich auch vorher zu einem anderen Verein wechseln und dann nach England gehen. Vorrang hat ein Klub, bei dem ich spiele. Mein Vorbild in der Türkei ist Caner Erkin. Im Ausland gefällt mir Marcelo. Bei Bayern München spielt Alphonso Davies, der in meinem Alter ist, sensationell und sorgt für Furore. Er gefällt mir sehr gut. Aber mein Idol ist Marcelo.“