Die zweijährige Leihe von Arda Turan bei Medipol Basaksehir wurde vor wenigen Wochen vorzeitig aufgelöst. Einen neuen Klub hat der einstige türkische Weltstar noch nicht gefunden. Turan hat auch nicht die Absicht nach Barcelona zurückzukehren. Man kann sich demnach vorstellen, was für ein Gespräch er mit einem ganz besonderen Agenten führen könnte…
Zuerst war Mino Raiola überrascht, als sein Telefon klingelte. Dass es ein Uhr nachts war, war nicht weiter verwunderlich: Als Fußball-Agent, der ständig in Aktion ist, hat er sich längst daran gewöhnt, zu allen möglichen seltsamen Zeiten angerufen zu werden. Normalerweise ist es einer seiner Spieler, der ihn um diese Uhrzeit anruft. Meistens handelt es sich dann um ein privates Problem: Ein undichter Wasserhahn, kein Internet, ein mysteriöses Summen, das sich am Ende als der Kühlschrank entpuppt.
Einige Spieler wollen über Geschäfte reden. Kicker, die zum ersten Mal im Ausland leben, wollen einfach nur reden. Eines Abends rief ihn beispielsweise Mario Balotelli an und erklärte ihm mit sanfter Stimme, dass er allein in seinem neuen Haus sei und verzweifelt nach Gesellschaft suche. Also machte sich Raiola auf den Weg und sie saßen gemeinsam schweigend auf seinem Sofa, schauten sich Michael Portillos Great Railway Journeys auf BBC an – bis Mario einschlief.
Diesmal aber konnte Raiola am Klingelton erkennen, dass es sich um eine unbekannte Nummer handelte. Er legte sein Bügeleisen ab, legte die sieben passenden Trainingsanzug-Hosen, die er in der nächsten Woche tragen würde, zur Seite, schmiss sich auf die goldene Chaiselongue und nahm den Anruf entgegen.
„Hier ist Arda.“
Raiola musste überlegen. „Wer ist Arda?“
„Was meinst du? Ich bin’s, Arda Turan. Schau, Mino. Ich weiß, es ist spät, aber ich brauche deine Hilfe. Du bist der einzige Kerl, der das tun kann. Ich brauche einen neuen Klub.“
Instinktiv erkannte Raiola in Turans Tonfall und der unsubtilen Schmeichelei eine gewisse Verzweiflung.
„Aber du hast doch schon einen Club“, antwortete er. „Du bist bei Barcelona.“
„Ich gehe nicht dorthin zurück“, antwortete Turan trotzig.
„Weil sie dich nicht wollen?“
„Weil ich sie nicht will. Hör zu, du weißt doch, wie es zwischen mir und Barcelona läuft. Sie wollten mir nie eine richtige Chance geben. Ich brauche eine Veränderung, einen Neuanfang.“
„Gut, schauen wir mal nach“, sagte Raiola, zog einen dicken Ringbuchordner aus seinem obersten Regal und blätterte ihn durch. „Arda Turan. 32 Jahre alt. Atlético Madrid, 178 Spiele, 22 Tore. Barcelona, 55 Spiele, 15 Tore. Der letzte Verein: Istanbul Basaksehir, wo die zweijährige Leihe vorzeitig gekündigt wurde, nachdem du in einem Krankenhaus eine Waffe abgefeuert hast. 42 Spiele, zwei Tore.“ Er schloss leise das Ringbuch. „Das ist keine tolle Karrierelaufbahn, oder?“
„Wusstest du das alles auswendig?“
„Ja“, antwortete Raiola. „Willst du über den Vorfall mit der Waffe sprechen?“
„Nicht wirklich.“
„Nun, sie sagen, du hättest die Frau eines türkischen Popstars in einem Nachtclub angesprochen, es kam zu einer Schlägerei, du gingst ins Krankenhaus, um ihn um Verzeihung zu bitten und hast schließlich mit einer Waffe auf den Boden geschossen.“
„Es gibt ein paar Lücken in der Geschichte.“
„Wie war das noch, als du 16 Mal Spielverbot bekamst, weil du einen Linienrichter geschubst hast?“
„Die Strafe wurde auf 10 reduziert.“
„Und was ist damit, als du versucht hast, einen Journalisten im Flugzeug zu würgen?“
„Hör mal, ich brauche im Januar einen Verein. Bist du ein Agent oder ein Richter?“
„Beides“, sagte Raiola, ging in die Küche und öffnete eine familiengroße Tüte Doritos. „Die Sache ist die, dass die Clubs heutzutage ein Familienprodukt verkaufen. Es geht nicht nur um die Socios in Reihe J. Es geht um die Mutter in Mumbai, die sich entscheiden muss, ob sie ihren Kindern Trikots von Barcelona oder von Real Madrid kaufen will. Es geht darum, was das chinesische Staatsfernsehen senden will. Du bist ein wütender Kerl. Wut ist gut, manchmal. Alle großen Spieler haben Wut in sich. Aber du musst die Wut für dich arbeiten lassen. Lass mich eine weitere Frage stellen. Liebst du den Fußball?“
„Machst du Witze? Natürlich tue ich das.“
„Ich frage, weil nicht jeder das tut. Jeder sagt, dass er Fußball liebt, aber was er tatsächlich liebt, ist der Ruhm, die Begeisterung, das Geld. Was sie lieben, ist es ein Fußballspieler zu sein. Jeder denkt, Zlatan sei eine Nervensäge, aber man hat keine Ahnung, wie sehr er den Fußball liebt. Deshalb macht er es mit 38 immer noch.“
„Das kann ich auch“, argumentierte Turan. „Ich habe fünf Jahre lang kaum gespielt. Ich habe immer noch die Beine dafür. Ich kann das Spiel immer noch gut lesen. Wenn ich fit werde und eine Chance bekomme, werde ich es allen zeigen.“
„Das ist das Problem“, sagte Raiola. „Du wolltest Simeone zeigen, dass es falsch war, dir keine Hauptrolle im Team gegeben zu haben. Du wolltest Barcelona zeigen, dass du genauso gut bist wie Messi und Neymar. Dann wolltest du ihnen zeigen, dass es falsch war, dich in die Türkei zu schicken. Jetzt willst du allen zeigen, dass du nicht am Ende bist. Fußball ist dein persönliches Racheinstrument geworden.“
Es herrschte Stille in der Leitung.
„Dieses Spiel stellt dich auf die Probe“, fuhr Raiola fort. „Es bricht dich. Glaubst du, ich weiß, wie es war, von Atlético zu Barcelona zu wechseln und dann wegen einer blöden Regel sechs Monate auf der Bank zu sitzen? Alle sagen, dass die Fußballer die Stars sind, aber in Wirklichkeit seid ihr die kleinen Jungs. Ihr seid entbehrlich. In 10 Jahren wird Barcelona immer noch Barcelona sein. Du wirst nur Arda Turan sein, ein Typ, der mal gut war. Deshalb habe ich dich gefragt, ob du den Fußball liebst. Denn wenn du jemals wieder an die Spitze kommen willst, musst du ihn hart lieben.“
In der langen Pause, die folgte, identifizierte Raiola einen leisen Ton, der langsam aber sicher nachgebend klang. Sie redeten noch ein wenig länger, tauschten Anekdoten und Vertraulichkeiten aus. Irgendwann wurde es spät und Raiola entschuldigte sich. „Ich rufe Everton an“, versprach er, bevor er den Hörer auflegte und wieder bügelte.
Anmerkung der Redaktion: Die Story wurde von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ veröffentlicht, stellt aber in keiner Weise die Realität dar und ist frei erfunden.
3 Kommentare
Super witzig, könnte sich in echt so abgespielt haben…
Was mit Arda Turan passiert ist mir eigentlich egal, zu welchem Verein er auch gehen sollte, hauptsache nicht zu uns. Das habe ich hier schon öfters betont, dass ich so einen Spieler nicht bei uns sehen möchte. Er bringt uns in keinster Weise weiter, nur weil er damals bei uns seine Karriere begonnen hat, heißt das nicht, dass er sie bei uns auch beenden muss.
Ich denke er wird zu irgendeinem türkischen Verein wechseln, vielleicht Konya oder vielleicht auch Kasimpasa.
Oder vielleicht benutzen die türkischen Vereine ihr Gehirn und keiner holt ihn, wer möchte schon jemanden haben, der im Krankenhaus mit einer Waffe um sich schießt?
Ich habe hier in der Vergangenheit auch immer Gesprächsprotokolle veröffentlicht, das ganze kann ziemlich unterhaltend sein, deshalb unterstütze ich die Initiative von „The Guardian“ die mit Arda Turan internationale Werbung für den türkischen Fussball betreiben, auch wenn ich nicht unbedingt zu ihren treuen Stammlesen zähle.
Lt. Fathi Terim wechselt Arda Turan zu GS, dort kann er dann im gelbroten Trikot „weiterkämpfen“ ich meine ist das nicht das was er immer wollte? Ich finde es nicht gut, das GS so einen „Streetfighter“ wie Arda Turan einfach auf der Straße vergammeln lässt, sokak cocuklariniza biraz sahip cikin ya…dogrumu arkadaslar?