Remzi Kahraman begann seine Karriere mit 18 Jahren in der zweiten Bundesliga. Wie viele Kinder auf dieser Welt war es sein größter Traum Fußballer zu werden. Nach einer folgenreichen Verletzung mit 14 Jahren konzentrierte sich Kahraman mehr oder weniger zwangsweise auf die Arbeit an der Seitenlinie. Als er mit 18 Jahren ein Angebot vom damaligen Zweitligisten Wehen Wiesbaden erhielt, war er einer der jüngsten Trainer im Akademiebereich des Profigeschäfts. Innerhalb kürzester Zeit stellte er seine Fähigkeiten überzeugend unter Beweis, so dass er zwei Jahre später auch der leitende Chefcoach der Videoanalyseabteilung wurde.
Praktika bei Sevilla und Bayern – Trainer der chinesischen U14-Auswahl
Aber auch abseits des Platzes entwickelte er sich weiter und studierte Internationales Sportmanagement. Mit 22 Jahren verpflichtete ihn der FSV Mainz 05 für die Scoutingabteilung. Doch das war dem gebürtigen Wiesbadener nicht genug, Kahraman wollte mehr. Es folgten Praktika beim FC Sevilla, Kas Eupen, VfL Wolfsburg, VfB Stuttgart und FC Bayern München. Weitere zwei Jahre später erhielt er die UEFA A-Lizenz im Trainerbereich. Zur selben Zeit nahmen die Wolfsburger Kontakt auf und boten ihm eine Stelle als Mitarbeiter im Nachwuchsleistungszentrum an. So arbeitet Kahraman nun seit 13 Monaten bei den „Wölfen“. Er befand sich in der Zwischenzeit mehrmals in China, den USA und Mexiko, wo er als Trainerausbilder und Coach tätig war. Im letzten Jahr trainierte er mit Pierre Littbarski, WM-Sieger von 1990, die U14 der chinesischen Auswahl.
Im Interview mit dem türkischen Sportsender „TRT Spor“ sprach der erst 25-Jährige unter anderem über die Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei, seine Zukunftsplanungen und die Bedeutung der Scouting- und Jugendabteilungen im internationalen Fußball. Kahraman über…
… die Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei:
„Wenn man sich die Bundesligisten anschaut, welche Trainer in welchem Alter dort letztes Jahr gearbeitet haben, wird einem vieles klar. Beispielsweise Hoffenheim: Nachdem sie in den letzten Wochen ihren Trainer entlassen haben, beschäftigten sie zunächst einen Jugendtrainer aus ihrer Akademie und einigten sich für die kommende Saison mit Drittligatrainer Sebastian Hoeneß, der 38 Jahre alt ist und noch keine Bundesliga-Erfahrung hat. Werder Bremen hat trotz dem beschwerlichen Abstiegskampf an seinem 37-jährigen Trainer festgehalten. In der Süper Lig hätte man einen so jungen Trainer nach vier Wochen ohne Punkte im Abstiegskampf entlassen und einen viel älteren und erfahreneren Coach geholt. Was ich damit sagen möchte: Wenn die türkischen Klubs genau wie die deutschen Klubs auf ihre Trainer in der Jugendabteilung setzen würden, gäbe es nicht dieses Trainerkarussell, das wir jedes Jahr sehen.“
… die Trainerausbildung in Deutschland:
„Dass die Trainerausbildung in Deutschland eine der Besten überhaupt ist, zeigt sich an den ganzen Trainern. Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann beweisen das Jahr für Jahr. In meiner Ausbildung musste ich mich auch mit den Bereichen Spielanalyse, Taktik und Spielqualität auseinandersetzen. Bevor man die UEFA A-Lizenz bekommt, muss man die DFB Elite-Jugendlizenz erhalten. Der deutsche Fußballverband hat das eingeführt, damit wirklich nur die talentierten Coaches eine UEFA A-Lizenz erhalten. Dabei unterstützt der Verband sowohl den Bewerber als auch die Klubs in finanzieller Hinsicht.“
… die Jugendarbeit in Deutschland:
„Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst einmal auf die Jugendarbeit vor zwanzig Jahren zurückblicken. Nach nur einem Punkt in der Gruppenphase der EURO 2000 schied die deutsche Nationalmannschaft aus und begann ein Jahr später mit dem Aufbau eines neuen Ausbildungssystems mit Namen wie Jürgen Klinsmann, Joachim Löw und Matthias Sammer. In diesem neuen System wurden obligatorische Kriterien für die Jugendbereiche der Profiklubs und die vom deutschen Fußballverband für jeden Bezirk organisierten Trainingszentren aufgesetzt. Sie haben 2014 als Weltmeister die Früchte des neuen Systems geerntet. Die Spieler, die in dieser Mannschaft spielten, entsprangen zum größten Teil aus diesem Projekt. Wie Sie sehen, können die in die Infrastruktur getätigten Investitionen nicht innerhalb eines Jahres schon Früchte tragen. Der deutsche Fußballverband hat 14 Jahre geduldig gewartet und der Jugendarbeit kontinuierlich Bedeutung beigemessen. Als Weltmeister im Jahr 2014 hat sich der Aufwand letztendlich gelohnt.“
… die Unterschiede zwischen Europa und der Türkei:
„Als ich ein Praktikum in Sevilla absolvierte, sagte mir der Sportdirektor, dass die Ergebnisse der Trainer am Ende der Saison bedeutungslos sind und es wichtig ist wie die Spieler trainiert werden. Die gleichen Erkenntnisse habe ich bei meinen Praktika in Belgien unter Coach Claude Makelele und in der Jugendakademie des FC Bayern München gewonnen. Diese Klubs wissen, dass ihre Investitionen in die Jugendarbeit Investitionen in die Zukunft sind. Das Kriterium ist nicht, wie viele Spiele sie gewonnen, sondern wie viele Spieler sie in eine höhere Altersgruppe aufgenommen haben. Ich möchte ihnen ein Beispiel geben. Norbert Elgert arbeitet seit 24 Jahren in der U19-Mannschaft von Schalke und hat Spieler wie Mesut Özil, Leroy Sané und Ahmed Kutucu trainiert. Er erhielt während seiner Laufbahn Angebote von verschiedenen Profiteams, zog es jedoch stets vor, im Jugendbereich zu bleiben. Das liegt auch an den stabilen wirtschaftlichen Aspekten und der Unterstützung durch den Vereinsvorstand. Er hat nie daran gedacht, den Jugendbereich zu verlassen. In den Jugendabteilungen türkischer Vereine wollen Trainer in kürzester Zeit erfolgreich sein und sich den Profis anschließen. Deshalb ist es ihnen nicht wichtig die Spieler zu verbessern.“
… die neue Ausländerregelung:
„Eine der ersten Auswirkungen der neuen Ausländerregelung werden die Preise für türkische Spieler und deren hohe Gehälter sein. Ich bin mir sicher, dass das nicht das Ziel des TFF ist. Die Klubs sollten stattdessen darüber nachdenken, wie sie ihr Geld ausgeben und wie das Geld für die Jugendarbeit verwendet werden kann. Eine der wichtigsten Fragen für die Zukunft sollte lauten: ‚Wie ermutigen wir Vereine, in ihre eigene Infrastruktur zu investieren?‘ Wir sehen, dass die Höhe der Ablösen von Jahr zu Jahr zunimmt. In den kommenden Jahren werden wir aber auch sehen, dass die Infrastruktur eines Vereins immer wichtiger wird.“
… das Scouting:
„Die Scoutingabteilung muss die Philosophie eines Vereins vertreten. Bei Teams wie Athletic Bilbao, Ajax und Sevilla sehen wir, dass jeder seine eigene Philosophie entwickelt hat und dementsprechend die Scoutingabteilung leitet. Sevilla hat mehr als 70 Scouts auf der ganzen Welt und verkauft Spieler wie Ivan Rakitic, Dani Alves, Sergio Ramos oder Steven Nzonzi für riesige Summen. Nebenbei rekrutiert man ständig junge und talentierte Spieler. Jeder weiß, dass es sehr viele talentierte Spieler in der Türkei gibt. Die Klubpräsidenten müssen verstehen, dass die Scoutingabteilung eine Investition für die Zukunft ist. Die meisten Vereine würden finanziell besser dastehen, wenn sie die Beträge, die sie einem einzelnen Spieler zahlen, in die Scoutingabteilung investiert hätten.“
… die Vorgehensweise einer Scoutingabteilung:
„Deutsche Vereine legen großen Wert auf Talentscouts und beobachten Spieler schon in jungen Jahren. Spieler mit Potenzial sind in den Datenbanken registriert. Wir erstellen aus diesen Spielern einen Pool. Wir nutzen aber nicht die Software, die wir für die Profiteams verwenden. Um junge Spieler zu schützen, veröffentlicht der deutsche Fußballverband die Namen der Spieler nicht in seinen Spielberichten. Als ich in Mainz als Talentscout arbeitete, verfolgte ich wochenlang einen Spieler. Neben seiner Leistung auf dem Platz habe ich auch versucht, seinen Charakter zu analysieren, was ebenfalls sehr wichtig ist. Ich analysierte, wie er mit anderen Spielern auf dem Spielfeld spricht, wie er nach einem Ballverlust reagiert und welche Reaktion er nach einem Tor zeigt. Einen Spieler beobachten mindestens drei verschiedene Scouts und wenn alle drei auf das gleiche Ergebnis kommen, beobachtet der Leiter der Scoutingabteilung den Spieler ein letztes Mal. Zusammen mit dem Trainer wird dann die letzte Entscheidung getroffen.“
… seine Zukunft:
„Ich bin sehr zufrieden mit meiner Stelle in Wolfsburg und sehr dankbar für das Vertrauen, das man mir trotz meines jungen Alters entgegenbringt. Ich möchte mich ständig verbessern. Dieses Jahr habe ich neben der UEFA A-Lizenz auch die Lizenz zum Fitnesscoach erhalten. Ich möchte so schnell wie möglich weitere Praktika in verschiedenen Klubs absolvieren, damit ich mein Wissen erweitern kann. Natürlich würde ich auch ein Angebot aus der Türkei prüfen.“
3 Kommentare
Galatasaray, bitte holt ihn!!!! Und hört auf den jungen Mann, der genauso alt ist wie ich 😀
Oder besser noch, macht ihn in ein paar Jahren zum Präsidenten vom TFF!!!
Wenn Gala ihn als Leiter für die Jugenabteilung holen würde, könnten wir bestimmt in ein paar Jahren fortschritte machen. Das wünsche ich mir auch schon seit Jahren, dass wir irgendjemanden aus Europa (Vorallem Deutschland, Niederlande) holen und ihm die Verwantwortung für die Jungendabteilung geben… Parallel eine große Partnerschaft mit einem deutschen Verein eingehen und die Jugendtrainer nach Deutschland schicken für ein paar Monate. Damit die mal sehen, wie es hier in Deutschland läuft.
Und dann kann Gala mich einstellen als Überwacher hier in Deutschland 😛
Aber sagen wir mal, er kommt und übernimmt die Jugendabteilung bei uns: Denkt ihr wirklich, dass ein Terim auf ihn hört?
Glaub mir galaman1905, wir hatten mit Tugberk Tanrivermis den bestmöglichen Jugendtrainer der von selbst gegangen ist.
Aktuell ist er Jugendtrainer von As Rom und hat die Jungs zur Meisterschaft geführt.
Ich denke er hat Terim paar Namen gennant die besser sind als manche im ersten Team. Und bestimmt hat sich Terim angegriffen gefühlt und hat Tugberk weggeeckelt.
Auch mit Riekerink oder wie der Holländer hieß war ein sehr guter, er hat die Ajax Jugend trainiert, plötzlich macht man ihn zum Trainer der ersten Mannschaft und feuert ihn anschließend. Warum schickt ihr ihn nicht wieder zur Jugend und lasst ihn seine Aufgaben machen, für die ihr ihn geholt habt?
Ich werde unseren türkischen Vereine nie verstehen, wirklich nie!
Muss man auch nicht. ^^ Bei uns Türken weiß es jeder besser. Sich ständig verbessern usw. gibt es bei uns nicht. Wir sind ja schon die besten…
Ich kenn den Tugberk… Und Riekerink auch natürlich 😀
Das was ich geschrieben habe war nur ein Wunschdenken. Das sowas in der Türkei niemals passieren wird, ist mir klar. Altinordu sind die einzigen, die richtig Geld und Zeit investieren. Die haben ordentliche Sportanlagen für die jungen Spieler.